Fake Airline aus Leverkusen Germani Airlines – Staatsanwaltschaft ermittelt in mehr als 300 Fällen

Leverkusen · Auf die erfundene Airline mit angeblichem Sitz in Leverkusen sind auch Fluggäste aus Deutschland hereingefallen. Mehr als 300 Fälle kennt die Staatsanwaltschaft.

 Die Germani Airlines versprach ihren Kunden billige Flüge. Abgehoben ist sie nie.

Die Germani Airlines versprach ihren Kunden billige Flüge. Abgehoben ist sie nie.

Foto: dpa, a fdt

Dardan U.* ist sauer. Der junge Mann sagt von sich und seiner Familie: „In den letzten Tagen geht hier die Wut durch.“ Die Familie, die im Münsterland wohnt, hatte Urlaub in der Heimat, im Kosovo geplant. Der Mutter wollten sie die lange Anreise mit dem Auto ersparen. Daher buchten sie ihr einen Flug - leider mit der falschen Airline, denn die Airline gibt es gar nicht. Das bestätigt auch die Pressestelle des Flughafens Düsseldorf.

Germani Airlines - die wahlweise auch als Germany Airlines auftritt - prellte die Familie. Die Fake-Airline mit angeblichem Sitz in Leverkusen kassierte, obwohl für sie nie ein Flieger von Düsseldorf aus startete. Zuerst war der Fall in der Schweiz aufgefallen. Dort warnt die private Verbraucherschutzorganisation Reklamationszentale vor der Airline. Sie hat in ihrem Blog auch weitere Webseiten von Airlines gesammelt, die offenbar nicht existieren. Einige seien noch aktiv, so Sprecher Reto Puma.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt in der Sache gegen insgesamt zwölf Beschuldigte. Der Vorwurf lautet: „Gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Betrug.“ Kommt es zu einem entsprechenden Urteil, müssen die Beteiligten mit einer Strafe bis zu zehn Jahren Haft rechnen. Drei der früheren Geschäftsführer der Gesellschaft waren zwischenzeitlich in Untersuchungshaft, wurden aber schon wieder auf freien Fuß gesetzt. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigt, haben sie sich umfangreich geständig gezeigt.

 Die Buchungsbestätigung schickte die vermeintliche Airline per E-Mail.

Die Buchungsbestätigung schickte die vermeintliche Airline per E-Mail.

Foto: Screenshot

Dardan U. hat für den Hin- und Rückflug von Düsseldorf nach Pristina insgesamt 300 Euro bezahlt. Von dem vermeintlich guten Angebot hatte er über den Nachrichtendienst Viber erfahren - die Smartphone-App wird laut Puma von albanisch sprechenden Menschen häufig genutzt. Dabei war der Münsterländer nicht leichtgläubig. Der junge Mann sah sich die Seite genau an. Mit der Adresse in Leverkusen, einem echten Eintrag im Handelsregister und einer Mitarbeiterin am Telefon sah alles auf den ersten Blick echt aus.

Skeptisch wurde er, als das angebliche „Ticket“ nur ein Bildschirmfoto war. Je näher der Abflug rückte, desto misstrauischer wurde die Familie. Nachrichten enthielten auffällige Tippfehler, eine E-Mail kam zurück und die Dame an der Hotline reagierte schnippisch auf Nachfragen. Als es hieß, die Airline habe nur eine einzige Maschine und die sei ausgefallen, wollten die Münsterländer ihr Geld zurück, doch das lässt auf sich warten, schildert U. Was ihn am meisten ärgert, ist dies: „Wir sind auch Albaner, und wir vertrauen einander.“ Das Vertrauen ist nun aufgebraucht. Die Familie hat Anzeige erstattet.

Laut Staatsanwaltschaft Duisburg haben sich inzwischen schon mehr als 300 Geschädigte gemeldet. Sie wohnen in Deutschland, aber auch in der Schweiz und stammen mehrheitlich aus Albanien. Auch die insgesamt zwölf Beschuldigten, gegen die sich die Ermittlungen richten, seien Albaner.

Ähnliche Erfahrungen schildert ein Leser aus Baden-Württemberg. Er wollte mit seiner Frau und einer befreundeten Familie ab Stuttgart fliegen, nun fragt er sich, ob er für die 580 Euro, die er bezahlt hat, einen Flug bekommt. Er schätzt: „Zu 99 Prozent ist das Geld verloren.“ Unter der auf der Website angegebenen Telefonnummer in Leverkusen antwortet niemand mehr. Die Pressestelle des Flughafens Stuttgart nimmt ihm jede Hoffnung auf einen Transport: „Eine Germany Airline ist uns hier in Stuttgart nicht bekannt. Die Destination Pristina wird ab Stuttgart von mehreren Airlines angeflogen, eine Germany Airline ist nicht darunter.“

 Über den Nachrichtendienst Viber kam das eindeutige Angebot: Ein Flug von Düsseldorf nach Pristina sollte 299 Euro kosten.

Über den Nachrichtendienst Viber kam das eindeutige Angebot: Ein Flug von Düsseldorf nach Pristina sollte 299 Euro kosten.

Foto: Screenshot

Auf Entschädigung hoffen die Opfer wohl bisher vergebens. Gegenüber der Staatsanwaltschaft hat noch kein Mitglied der Airline-Bande geäußert, das Geld zurückzahlen zu wollen. Bei der Masche wurden nach bisherigen Erkenntnissen nicht ausschließlich falsche Tickets verkauft. Bis etwa Anfang des Jahres 2017 sind einige Kunden der Germani mit Fliegern der bulgarischen Elektra Airline nach Pristina befördert worden. Andere bekamen Plätze in Chartermaschinen. Doch das diente, nach bisheriger Einschätzung der Ermittlungsbehörde, „eher zum Anfüttern der Kunden.“ Danach habe die Bande Tickets ohne Gegenleistung verkauft.

*Name geändert.

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