Blindgänger in Leverkusen ist entschärft Bombenfund in der Neuen Bahnstadt

Update | Leverkusen-Opladen · Auf der Baustelle der Sporthalle an der Werkstättenstraße haben Arbeiter am Morgen eine 5- Zentner-Weltkriegsbombe gefunden. 2500 Anwohner und Arbeitende im Evakuierungsbereich sind betroffen. Pikant: 2010 hatte eine solche Bombe an der Werkstättenstraße kontrolliert gesprengt werden müssen. Seit 18.45 Uhr ist die Strecke komplett gesperrt. Ebenso der Luftraum. Kurz vor 19 Uhr hat die Entschärfung begonnen. Dann aufatmen: Gegen 19.30 Uhr ist der Blindgänger entschärft.

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Bombenfund in Leverkusen

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Foto: Uwe Miserius

Um 10.37 Uhr schlug die Katastrophen-App Nina Alarm. Bei Bauarbeiten an der Werkstättenstraße wurde eine englische 5-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Experten des Kampfmittelräumdienstes sind alarmiert. Straßen werden gesperrt, Autofahrer gebeten, den Bereich in der Bahnstadt zu umfahren. Ein Krisenstab ist eingerichtet.

Ordnungsamt und Feuerwehr haben aktuell mit der Evakuierung, konkret mit dem Klingelrundgang, begonnen. Einsatzfahrzeuge informieren per Lautsprecherdurchsage. Rund 2500 Anwohner und in dem Bereich Arbeitende sind betroffen. „Die Evakuierung wird rund drei Stunden in Anspruch nehmen“, heißt es vom Krisenstab. Er hat einen Evakuierungsradius von 400 Metern eingerichtet. Nur ganz knapp außerhalb liegt die Hauptschule Im Hederichsfeld, deren Betrieb aber weiterlaufen kann.

 Das ist der Radius, in dem laut Stadt evakuiert werden soll.

Das ist der Radius, in dem laut Stadt evakuiert werden soll.

Foto: Stadt Leverkusn/Stadt Leverkusen

Konkret sind Wohn- und Firmengebäude in diesen Bereichen betroffen: Adam-Riese-Straße, Am Brückenpark, teilweise Augustastraße, Bahnallee, Bahnstadtchaussee, Campusallee, Campusplatz, Emmy-Noether-Straße, Europa-Allee, Fakultätsstraße, Friedrich-List-Straße, Gaußstraße, Grete-Hermann-Straße, Grete-Kahn-Straße, Hanna-Neumann-Straße, Humboldtstraße, Im Hederichsfeld, teilweise Karlstraße, Leibnizstraße, Mercatorstraße, teilweise Schillerstraße, Torstraße, teilweise Uhlandstraße, Von-Eichendorff-Straße, Werkstättenstraße, teilweise Wilhelmstraße.

Die Betroffenen sollen sich zum Landrat-Lucas-Gymnasium begeben, dort hat die Stadt eine Anlaufstelle eingerichtet. „Ein Busdienst für betroffene Anwohner, die die Schule nicht fußläufig erreichen können, wird eingerichtet“, teilt der Krisenstab mit. „Nicht gehfähige Personen und deren Angehörige können sich an die Leitstelle der Feuerwehr wenden unter der Nummer 0214 76666. Auch für Angehörige von stark pflegebedürftigen Menschen, die eventuell eine medizinische Betreuung benötigen, wird eine Hotline unter 0214 406-3333 eingerichtet. Dort können laut Stadt Unterbringungsmöglichkeiten erfragt werden.

Mit der Entschärfung des Blindgängers, die Stadt hatte zunächst von 2,5 Zentnern gesprochen, dann auf fünf Zentner korrigiert – soll abhängig auch vom Zugverkehr in vier bis sechs Stunden begonnen werden, hieß es am Mittag. Dann ist auch die Bahnstrecke während der Arbeit des Kampfmittelräumdienstes dicht. Derzeit verkehren die Züge noch, ein Notfallmanager der Deutschen Bahn ist in Leverkusen, ebenso hat das Unternehmen Sicherheitspersonal am Bahnhof Opladen im Einsatz. Der Busbahnhof ist nicht von Sperrungen betroffen, sagt die Stadt. Allerdings gibt es für Buslinien, die durch den Evakuierungsbereich fahren, Umleitungen. Sie sind einsehbar unter www.wupsi.de/fahrinfo/fahrplanaenderungen/.

Im unmittelbaren Umfeld an der Werkstättenstraße sind etliche Arztpraxen angesiedelt, eine Vielzahl von Büros, der derzeit noch nicht von den Studierenden bezogene Hochschul-Campus, dazu mehrere Restaurants und Cafés.

Mevludin Dzeladini, der mit Silvio Gallo das Restaurant Gallodini schräg gegenüber der Sporthallen-Baustelle betreibt, hat um kurz nach 11 Uhr die Gäste, die für den Mittagstisch reserviert haben, informiert, „dass wir zumindest heute Mittag wohl nicht werden öffnen können“, sagt er relativ gelassen. Die Firmenkunden aus dem Umfeld würden wegen des Bombenfunds ja auch nicht kommen können. Zu dem Zeitpunkt hat er noch keine genauen Anweisungen von Polizei oder Stadt bekommen, das Gebäude zu verlassen und sich an einen bestimmten Ort zu begeben. „Wir können bisher nur vermuten, dass wir raus müssen“, sagt der Gastronom. Und: „Für solch einen Fund kann niemand etwas. Da gilt ganz klar: Die Sicherheit geht vor.“

Gegen 13 Uhr wurde die Vermutung Wirklichkeit. Da haben Mevludin Dzeladini und seine Mitarbeiter das Restaurant verlassen. Ihr Vermieter, die Unternehmerverbände Rhein-Wupper, die in der ehemaligen Ausbesserungswerk-Zeichnerwerkstatt das „Haus der Wirtschaft“ unterhalten, hatten die Mieter des Hauses informiert, berichtete Unternehmerverbände-Geschäftsführer Andreas Tressin am Nachmittag aus dem Homeoffice. Er hatte kurz vorher eine Information der Stadt zur Evakuierung erhalten.

Pikant am Bombenfund: Ganz in der Nähe war im Mai 2010 bei Erdarbeiten ebenfalls eine 5-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden, die nicht hatte entschärft werden können. Die Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes hatten sie schließlich kontrolliert gesprengt. Dazu mussten neben der Bahnstrecke auch der Luftraum gesperrt werden, 700 Anwohner – damals war die Bahnstadt noch nicht bewohnt, sondern erst in Planung – hatten evakuiert werden müssen. Mit Sand und Strohballen hatte der Kampfmittelräumdienst den Sprengkörper in einem vier Meter tiefen Loch abgedeckt – Teile des Strohs flogen bei der Detonation 30 Meter weit.

Damals sagte der Experte vom Kampfmittelräumdienst: „Dass sich im weiteren Umkreis noch weitere Bomben befinden, davon ist auszugehen“ – immerhin seien „kriegswichtige Anlagen“ wie das Opladener Ausbesserungswerk besonders im Visier der alliierten Angreifer während des Zweiten Weltkriegs gewesen.

Am späteren Nachmittag füllen sich auch die Klassenräume am Landrat-Lucas-Gymnasium. Rund 100 Anwohner haben sich bis 17 Uhr dort eingefunden, sie sind registriert und auf die Räume verteilt worden und können sich verpflegen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat die Betreuung übernommen.

Die Deutsche Bahn hat die Strecke Köln - Wuppertal ab 18.45 Uhr komplett dicht. „Es kommt zu Verspätungen und ggf. zu Teilausfällen“, informiert die Bahn online. Weitere Infos bei der DB: www.zuginfo.nrw/ oder über die DB-App „DBNavigator“.

Um kurz von 19 Uhr teilt die Stadt mit: Auch der Luftraum über der Bahnstadt ist gesperrt. Die Entschärfung hat begonnen. Eine halbe Stunde später können Kampfmittelräumdienst und der Stadt-Krisenstab aufatmen: Gegen 19.30 Uhr ist der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft.

Die Stadt meldet: „Die Sperrungen werden aufgehoben, die Bewohner der von Evakuierung betroffenen Bereiche können in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. Die Gleise wurden freigegeben, der Bahnverkehr läuft wieder.“ Auch die Europa-Allee wird wieder freigegeben.

Allerdings: Für Fußgänger und Radfahrer gesperrt bleibt die Campusbrücke. „Hier hat ein Baggerfahrzeug beim Verlassen der Baustelle am Mittag ein aufliegendes Brückenelement beschädigt. Dieses wurde leicht verschoben“, sagt Stadtsprecherin Ariane Czerwon. Die städtischen Technischen Betriebe und ein Gutachter wollen den Schaden am Dienstag genauer untersuchen. Aber: „Die Brücke ist weiterhin stabil, es besteht keine Einsturzgefahr.“

Die Stadt ergänzt den Bombenfund-Einsatz noch um diese Daten: Im Einsatz waren 66 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehr, des Rettungsdienstes, der Malteser und des DRK – Letztere betreuten in der Spitze 155 Anwohner. Beteiligt am Einsatz waren auch 63 Mitarbeiter des Ordnungsamtes. „Außerdem 32 externe Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte aus Köln und dem Oberbergischen Kreis.“

Stadtchef Uwe Richrath danke allen Einsatzkräften und den Experten vom Kampfmittelräumdienst aus Düsseldorf.

(LH/umi)
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