Serie Mein Verein Mit der „Herrentorte“ Neuland entdecken

Opladen · Die „Herrentorte“ ist ein Treff für Männer jenseits der 60. Die Mitglieder machen alle vier Wochen einen Ausflug. Kürzlich ging’s zu Dr. Oetker.

 Manfred Leyhausen präsentiert eine echte Herrentorte. Der gleichnamige Verein, den er 2006 gegründet hat, ist ebenso ungewöhnlich wie das leckere Konditorstück.

Manfred Leyhausen präsentiert eine echte Herrentorte. Der gleichnamige Verein, den er 2006 gegründet hat, ist ebenso ungewöhnlich wie das leckere Konditorstück.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Herrentorten gibt’s in vielerlei Varianten, von süß bis pikant. Wobei pikant eher die Ausnahme zu sein scheint. Grundsätzlich unterscheidet sich die Herrentorte von einer „normalen“ Torte darin, dass diese nicht in zwölf, sondern in 14 Stücke geschnitten wird. Eine Männergruppe, die sich als „Herrentorte“ bezeichnet, dürfte daher ebenso ungewöhnlich wie einmalig sein. Eben drum wählten Manfred Leyhausen und sein früherer Kollege Peter Odenthal, mit dem er den Verein vor zwölf Jahren ins Leben rief, diesen Namen.

Einen Treff für Männer jenseits der 60, das schwebte dem engagierten Ehrenamtler Leyhausen schon lange vor. Als Qualitätsmanager für Arbeitssicherheit bei einer Firma in Remscheid hatte er nie die Zeit gefunden, sich mit Gleichgesinnten hinzusetzen und zu reden. Doch inzwischen war er im Ruhestand. Nur Bier und Kaffee trinken genügten ihm nicht. Lieber wollte er seine neue Freizeit sinnvoll gestalten. Auch aus einer kräftigen Portion gesundem Egoismus heraus. Nach dem Motto „Für mich, mit anderen, für andere.“

Also ergriff er die Initiative. Anfangs eher zufällig. Denn er hatte im Herbst 2005 ein Seminar beim Caritasverband Leverkusen besucht, bei dem er sich zum Netzwerker ausbilden ließ. Als Netzwerker werden umgangssprachlich Menschen bezeichnet, die sich um Aufbau und Pflege persönlicher und beruflicher Kontakte kümmern. Ziel ist grundsätzlich ein Netzwerk aus einer Gruppe von Personen, die sich ohne Nutzen privat oder beruflich unterstützen, gegenseitig helfen und kooperieren. Bei diesem Kursus war Leyhausen – abgesehen von einem Geschlechtsgenossen - der einzige Mann unter 33 Frauen. Und er fragte sich insgeheim, wo eigentlich die Männer sind. „Frauen haben ihren Kaffeeklatsch und kommen schnell ins Gespräch“, so Leyhausen. „Männer tun sich schwerer, weil sie ohnehin eine Kommunikationsschwäche haben“, sagt der 71-Jährige selbstkritisch. „Für einen männlichen Senior gilt das noch viel mehr.“

Und weil es für ältere Bürger in Leverkusen bis dahin keine vergleichbare Initiative gab, gründete er kurzerhand zusammen mit Odenthal den Treff „Herrentorte“. Inzwischen ist Leyhausen alleine verantwortlich.

Zu den ersten Treffen 2006 kamen nur wenige Interessierte. Damals wurde fast nur Kaffee getrunken und geredet. Ab und zu gab es Vorträge. Die Wende kam, als im Januar 2008 auch Ausflüge angeboten wurden. Seither organisiert Leyhausen jeden Monat eine Besichtigungsfahrt. Mal geht es zum Hafen nach Duisburg, zur Sternwarte nach Bochum oder zum Dom nach Köln. Die Ziele liegen im gesamten Bundesland. Inzwischen sind fast 30 Männer regelmäßig dabei, die meisten sind mindestens 65, der älteste ist 81 Jahre. „Je nach Thema kommen sogar bis zu 50 Personen“, berichtet der Organisator, der schon jetzt die Ausflüge für 2019 plant für die Männer, die ohne Arbeit sind, in Ruhestand oder Vorruhestand, die über viele Jahrzehnte vorwiegend berufsorientiert gelebt haben. Und trotz ihres fortgeschrittenen Alters etwas Neues in der „Schatzkiste des Lebens“ entdecken wollten. Leyhausen: „Gemeinsam entdecken wir Neuland. Wir fahren dorthin, wo man alleine nie hinfahren würde.“

Jeder Teilnehmer zahlt seine eigenen Kosten, in der Regel rund 20 Euro pro Tour. Und manchmal dürfen auch Frauen an diesen Fahrten teilnehmen. Kürzlich war die „Herrentorte“ zu Besuch bei Dr. Oetker. Eine echte „Herrentorte“ haben sie bei der Werksbesichtigung in Bielefeld aber nicht erhalten.

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