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Schule Neue Geschichten vom Kleiderbügel

Manfort · Schüler mit Migrationshintergrund nahmen an einem Schreib- und Erzählworkshop teil. Dabei hatten sie die Möglichkeit, die Konzepte und das Vokabular ihrer Muttersprachen einzubringen.

 Künstlerin Charlotte Triebus (l.) leitete den zweisprachigen Schreib- und Erzählworkshop in der Theodor-Wuppermann-Schule gemeinsam mit dem syrischen Schriftsteller Ahmad Kathlesh. Wiktoria (13) möchte ihre Gedanken künftig öfter zu Papier bringen.

Künstlerin Charlotte Triebus (l.) leitete den zweisprachigen Schreib- und Erzählworkshop in der Theodor-Wuppermann-Schule gemeinsam mit dem syrischen Schriftsteller Ahmad Kathlesh. Wiktoria (13) möchte ihre Gedanken künftig öfter zu Papier bringen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Menschen, die das Glück haben bilingual aufzuwachsen, bedienen sich nicht nur aus dem Vokabular zweier Sprachen, sie können auch mit den Konzepten, die sich hinter den Begriffen verbergen, spielen. Beispielsweise stammt der Begriff des Kleiderbügels aus dem Konzept eines gebogenen Drahtes, an dem die Kleidung aufgehängt werden kann. Im Englischen heißt derselbe Gegenstand „clothes hanger“ (wörtlich: Kleidung-Aufhänger oder Halterung). Das Konzept des gebogenen Gegenstandes kommt im Englischen nicht einmal in Betracht, nur seine Funktion.

Sich genau diese Besonderheit der Zweisprachigkeit zu Nutze machen, um gemeinsam neue Geschichten zu entwickeln, das war das Ziel eines Schreib- und Erzählworkshops in der Theodor-Wuppermann-Schule unter der Leitung der Künstlerin Charlotte Triebus und ihrem Kollegen, dem syrischen Schriftsteller Ahmad Kathlesh. Neun Schüler zwischen zwölf und 15 Jahren nahmen daran teil, sie schrieben Geschichten und nahmen diese als Hörspiel auf.

Wiktoria (13) stammt aus einer polnischen Familie. Obwohl sie sich in beiden Sprachen – Deutsch und Polnisch – verständigen kann, schreibt sie am liebsten auf Deutsch. „Polnisch zu schreiben fällt mir schwerer, weil es da noch andere Buchstaben gibt.“ Auch dem 14-jährigen Ghais aus Syrien fällt es einfacher, seine Gedanken auf Deutsch nieder zu schreiben. Obwohl er die Wörter kennt, „ich weiß gar nicht mehr so richtig, wie man alles auf Arabisch schreibt“.

Dennoch trugen die Kinder diverse Begriffe in ihrer Muttersprache zusammen, schrieben sie auf Post-its und klebten diese an die Wand ihres Klassenraums. Gleich daneben ihre ausgearbeiteten Geschichten. „Zum Aufwärmen haben wir einige Übungen gemacht und Erzähltechniken gelernt“, zählte Triebus auf. Sie und ihr Kollege hatten sich im Vorfeld schon mal das Gerüst für sechs Geschichten einfallen lassen, „doch die haben wir gar nicht benötigt. Die Schüler sind selbst kreativ geworden und haben spannende Geschichten entwickelt.“

Das gemeinsame Thema war der Kleiderbügel, den sie alle auf unterschiedliche Weise zum Leben erweckten. Die einen als sprechenden Gegenstand, dem seine kurze Lebensdauer bewusst wird, andere als Superhelden, der Weihnachten rettet, oder als Retter, der böse Aliens besiegt. Als die Schüler ihre aufgenommenen Geschichten hörten, mussten sie selbst schmunzeln. „Die eigene Stimme hört sich komisch an“, sagte der zwölfjährige Stefan, der zu Hause hauptsächlich Russisch spricht. Mkabir (15) empfand die Hörprobe auch als sehr ungewöhnlich. Er kam vor vier Jahren aus Syrien nach Deutschland, und auch er mag es, sich auf Deutsch auszudrücken. „Es war sehr schön mit ihnen zu arbeiten“, urteilte am Ende auch Schriftsteller Kathlesh.

Einige Schüler, wie etwa Wiktoria, haben durch den Workshop Gefallen daran gefunden, sich Geschichten auszudenken. „Wenn ich eine gute Idee hätte, würde ich diese gerne aufschreiben und veröffentlichen, aber nicht aufnehmen“, sagte die 13-Jährige. Ihre Stimme auf Band zu hören, das sei auch ihr zu merkwürdig. Spaß hatte es aber allen gemacht. Sie würden eine solche Aktion gerne wiederholen.

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