Experimentelles im Kunstverein Leverkusen Ketonges musikalisches Forschungslabor

Leverkusen · „Chemical Sound Labor“ hat der Künstler Manfred Rücker seine Installation genannt. Wie das Ganze funktioniert und klingt, ist im Internet zu sehen.

 Der Leverkusener Komponist, Bildhauer und Medienkünstler Manfred Rücker nimmt seine aufgebaute Soundmaschine, zu der auch ein Akkordeon gehört, in Betrieb.

Der Leverkusener Komponist, Bildhauer und Medienkünstler Manfred Rücker nimmt seine aufgebaute Soundmaschine, zu der auch ein Akkordeon gehört, in Betrieb.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Was hat eine naturwissenschaftliche Versuchsanordnung mit Musik und bildender Kunst zu tun? Kalt, steril, funktionell und möglichst exakt sehen entsprechende Fabriken und Forschungslabore aus. Und doch vermitteln die dicken verschlungenen Rohre auch eine gewisse Ästhetik. Das brachte Manfred Rücker, alias Ketonge, wohl auf die Idee zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit seinem Wohnort Leverkusen, einer Chemiestadt.

Gerne hat er das Angebot des Kunstvereins Leverkusen angenommen, in dessen Ausstellungsräumen in den Schlossremisen sein „Chemical Sound Labor“ aufzuschlagen und in der Reihe „lokales Fenster“ zu bespielen – wegen des Lockdowns ausschließlich als Streaming abrufbar. Das steht normalerweise für ein Wochenende zur Verfügung. Weil alle Ausstellungen für Publikum geschlossen sind, hätte der Kunstverein bis zum April Leerstand, deswegen konnte Ketonge seine Installation ohne zeitlichen Druck aufbauen.

Den Plan für seine Versuchsapparatur zur Eigenschaftsveränderung von Stoffen hat er dabei modifiziert und angepasst. Für Ketonge, der sowohl Kunst als auch Musik und Psychologie studierte, ist eigentlich alles Klang, erst recht, wenn es um den poetischen Ausdruck einer naturwissenschaftlich gefärbten Versuchsanordnung geht.

Auf der Anlage im Hintergrund mischt er seine Sounds, die vorbei an umfunktionierten Messuhren durch ein dickes Rohr in eine Box mit einer improvisierten Schüssel führen. Durch Kabel, Schläuche und Schalltrichter sind die einzelnen Teile des Aufbaus mit einer Kochplatte verbunden. Auch ein Akkordeon ist angeschlossen, der Blasebalg mit braunem Paketband verschnürt, denn die Luft zur Stromerzeugung liefert ein alter Fön und macht das Instrument spielbar.

Der Treibstoff bei dieser Versuchsanordnung ist Klang, erklärt Ketonge, und führt vor, wie die satten Bässe, die er durch das dicke Industrierohr strömen lässt, die Membran in der Box vibrieren lassen. Durch die Erschütterung vermischen sich die farbigen Substanzen, die er für sein Experiment darüber in einer mit Folie ausgeschlagenen Mulde zusammenfügt. Sound wird so sichtbar.

Bei der eigentlichen Performance an und mit seiner Installation am Freitagnachmittag bekam Ketonge musikalische Unterstützung von zwei Kolleginnen, die sich ebenfalls vorzugsweise an der Schnittstelle zwischen Bildender Kunst und Musik bewegen. Wie Ketonge, der Meisterschüler von Georg Herold und Oswald Wiener war und sich von der Musik Karlheinz Stockhausen zu ersten elektronischen Kompositionen beeinflussen ließ, arbeitet die Kuratorin und Klangkünstlerin Maria Wildeis seit zehn Jahren regelmäßig mit Bildhauern, Musikern, Performance- und Installationskünstlern zusammen.

Um Ketonges „Chemical Sound“-Installation zum Leben zu erwecken, fügte sie ihre Stimme und entsprechende Effekte hinzu. In ihrer 2015 als Schmelztiegel für Performancekunst gegründeten Tiefgarage Ebertplatz in Köln haben sich die Künstler kennengelernt. Auch Alisa Berger, die in Köln Film und Bildende Kunst studierte. Sie sorgte dafür, dass der flüchtige Kunst-Musik-Akt bei geschlossener Galerie zu sehen ist, als Streaming-Angebot auf Instagram. Einen Link gibt es auf: www.mariawildeis.com und www.kunstverein-leverkusen.de

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