Bayer Kultur Nachdenkliches von Vater, Mutter und Sohn

Leverkusen · „Zweizelgänger“ hieß der Abend von Johanna Gastdorf und Jan-Gregor Kremp bei Bayer Kultur. Ein echtes Heimspiel.

 Johanna Gastdorf und Jan-Gregor Kremp gastierten im Erholungshaus. Mit dabei: Sohn Leo Gastdorf.

Johanna Gastdorf und Jan-Gregor Kremp gastierten im Erholungshaus. Mit dabei: Sohn Leo Gastdorf.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Auf der Bühne war es noch dunkler als im Saal, so dass sich die Künstler mit Taschenlampen den Weg zu ihrer Position suchen mussten. „Wer bist du?“ flüsterten sie im Wechsel den entsprechenden Dialog zwischen Romeo und Julia in die Mikrophone. Das berühmteste Liebespaar der Literatur gehört selbstverständlich dazu, wenn sich ein Schauspieler-Ehepaar, das normalerweise getrennt zum Dreh unterwegs ist, zu einem gemeinsamen Programm entschließt. „Zweizelgänger“ haben Johanna Gastdorf und Jan-Gregor Kremp den Abend bei Bayer Kultur überschrieben, der für sie ein echtes Heimspiel war.

Leverkusen-Schlebusch ist die Wahlheimat der Hamburgerin und des Rheinländers, hier engagieren sie sich an diversen Stellen und hatten einzeln und gemeinsam schon die unterschiedlichsten Auftritte, Kremp zumeist singend und Klavier spielend mit Band, Gastdorf mit Lesungen zu verschiedenen Themen.

Für diesen Abend im vollen großen Saal des Erholungshauses hatten sie noch eins drauf gelegt. Schon aus diesem Grund gab es den Programmzettel erst nach der Veranstaltung, die einige Überraschungen bereit hielt. Zum Beispiel den Auftritt von Gott selbst, der seinen Geschöpfen den Spiegel vorhielt und sich schließlich doch als normal Sterblicher erwies. Unter dem weißen Gewand steckte nämlich Leo Gastdorf, Sohn des Duos Gastdorf/Kremp, der mit Muttermilch und Vaters Hausmusik die wichtigsten Grundlagen eingesogen hat, um mit auf der Bühne seiner Heimatstadt zu bestehen. Vor einem Publikum, unter das sich Nachbarn, Freunde, Weggefährten gemischt hatten.

Wundervoll rezitierte er witzige Gedichte und las sogar eine eigene anrührende Geschichte. Eine liebevolle Hommage an den verstorbenen Großvater, dessen Schwächen und kantige Eigenarten er nicht verschwieg, sondern im Gegenteil mit Herz und Witz ausbreitete, um am Ende zu bekennen, wie sehr er ihn vermisse.

Neben nachdenklichen und vielen humorvollen Beiträgen, unter anderem vom großartigen Menschenbeobachter Loriot (Feierabend), enthielt der Mix auch eine sehr ernste Komponente: ein Nachdenken über die Endlichkeit des Lebens und die feste Erwartung von Geborgenheit in einer überirdischen Zukunft, ausgedrückt durch Texte von Hanns Dieter Hüsch, Anthony Hopkins, Rose Ausländer oder Reinhard Mey. Ein Hinweis auf den Stand von PalliLev im Foyer, jenen Verein, für den sich Kremp wie Gastdorf  engagieren.

Bei Dieter Hildebrandt, Erich Kästner, Wiglaf Droste, Hilde Domin oder Meryl Streep hatten die Rezitatoren passende Texte für diesen Abend gefunden. Außerdem gab es wie von Sohn Leo auch von beiden Eltern sehr persönliche, biografische Statements - ernsthaft, aber immer mit einem Lächeln in den Augenwinkeln.

Kremp erzählte unter anderem von seiner durchschnittlichen Schulkarriere, der seine Deutschlehrerin „Frau Wedewer“ mit Heftchen eines gewissen Herrn Reclam die entscheidende Wendung Richtung Schauspiel gab. Bilder erzählten stumm von den ersten Bühnenjahren. Vor allem aber wurde – mit Stimme, Saxophon und Flöte von Olaf Weiden unterstützt – an diesem Abend jede Menge Musik gemacht. Kremp spielte leidenschaftlich Klavier, sang dazu oder begleitete die ausgesprochen angenehme Stimme von Sohn Leo, der seinem Großvater unter anderem ein „Maach et joot“ à la Bläckfööss hinterher rief.  

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort