Gerichtsverhandlung in Leverkusen ICE muss vollbremsen – wer saß in Schlebusch am Gleis?

Leverkusen · Was am 25. April an einem Bahnhof in Leverkusen tatsächlich passierte, ermittelt zurzeit das Gericht. Angeklagt ist ein 55-jähriger Kölner.

 Eine Vollbremsung mit Sand legte der Lokführer des ICE hin. (Symbolbild)

Eine Vollbremsung mit Sand legte der Lokführer des ICE hin. (Symbolbild)

Foto: dpa/Jan Woitas

Manchmal haben kleine Dinge eine große Auswirkung. So passierte es jetzt einem 55-Jährigen. Der Mann ließ mutmaßlich seine Beine über die Bahnsteigkante ins Gleisbett des Bahnhofs Schlebusch baumeln. Auf die Hupe eines heranrauschenden ICE reagierte er offenbar nicht. Der Zugführer musste eine Vollbremsung mit Sandstreuung einsetzen. Nun wurde gegen den Mann wegen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr vor dem Amtsgericht Leverkusen verhandelt.

Laut Anklage soll sich der Vorfall am Nachmittag des 25. April 2020 ereignet haben. Der Angeklagte widersprach dem Vorwurf. Der Bahnsteig des Bahnhofs sei „gar nicht tief genug, um die Beine baumeln zu lassen“, sagte er. Vielmehr hockte er in der Sonne mit Abstand zum Gleis. „Ich habe keine Selbstmordabsichten“, betonte der 55-Jährige.

Ein Zeuge, der bei Gericht ein wenig begriffsstutzig wirkte, sagte aus, er habe an jenem Tag einen Mann gesehen, der die Füße in Richtung der Gleise baumeln gelassen und auf die laute Warnpfeife des Zugs  nicht reagiert habe. Er erkannte den Mann auf der Anklagebank nicht wieder, versicherte aber, die Polizei habe dereinst den Richtigen noch am Bahnhof erwischt. Und er vermutete: „Der musste was genommen haben.“

Ein Drogentest des Angeklagten fiel zwar negativ aus, gleichwohl ist der Mann seit etwa 40 Jahren heroinabhängig. Drei Therapien beendete er erfolgreich; die Rückfälle blieben aber nicht aus. Mittlerweile substituiert der Mann, obwohl er sich lange sträubte: „Für mich waren das immer auch nur Drogen“, erläuterte er. Seine Suchtberaterin aus Köln attestierte ihm bei Gericht eine positive Entwicklung. Aus der Domstadt, so berichtete der 55-Jährige, will er unbedingt weg: „Köln verbindet mich mit meiner Vergangenheit.“ Und strafrechtlich: Drei Bewährungen laufen.

Am Montag soll nun der Lokführer des ICE gehört werden. Er soll einen Einblick in die Situation im Zug geben und darlegen, welche Kräfte bei einer solchen Bremsung wirken. „Ich glaube“, sagte die Staatsanwältin, „stärker bremsen kann so ein Zug nicht.“ Glück im Unglück hatten die Passagiere des Schnellzugs: Laut damaligem Polizeibericht verletzte sich keiner der Insassen.

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