Im Berufskolleg Opladen Kindheit im Schatten von Auschwitz

Opladen · Als „Zweitzeugin“ erzählte Pnina K. im Berufskolleg die Geschichte ihrer Eltern, die die Hölle im KZ zwar überleben, aber nie vergessen konnten.

 Pnina K. wurde 1947 geboren, ihre Eltern waren in Auschwitz. Sie ist damit eine Zeitzeugin der zweiten Generation der Holocaus-Überlebenden. Im Berufskolleg Opladen hat sie zwei Abiturklassen von ihren Erfahrungen erzählt.

Pnina K. wurde 1947 geboren, ihre Eltern waren in Auschwitz. Sie ist damit eine Zeitzeugin der zweiten Generation der Holocaus-Überlebenden. Im Berufskolleg Opladen hat sie zwei Abiturklassen von ihren Erfahrungen erzählt.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Sie haben das jahrelange Grauen in Ghetto, Zwangsarbeitslager und Konzentrationslager zwar überlebt. „Aber meine Eltern kamen mental nie aus Auschwitz raus“, sagt Pnina K., und: „Ich bin in einem KZ ohne Stacheldraht aufgewachsen.“

Sie ist zwar im ersten Nachkriegsjahr geboren, doch ihre traurige Kindheit war überschattet von den unsäglichen Erlebnissen der Eltern, die nicht für einen Augenblick die Hölle vergessen konnten, die sie durchlebt hatten. Tag und Nacht sprachen sie davon. „Alle Filme darüber sind ein Kinderspiel dagegen“, versichert die Jüdin, die im polnischen Lodz geboren ist. Nun war sie auf Einladung von Politiklehrer Markus Nick in das Berufskolleg (Bereich Gesundheit) gekommen, um über das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte zu sprechen und vor allem Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen.

Seit es immer schwieriger wird, KZ-Überlebende als Zeitzeugen in Schulen zu holen, haben sich verschiedene Organisationen darauf spezialisiert „Zweitzeugen“ mit jungen Menschen ins Gespräch zu bringen. Die persönliche Begegnung und ein konkretes Einzelschicksal sagen nun mal mehr als Daten und Zahlen, wie sie im Unterricht vermittelt werden. Darauf setzt die Organisation „Zeugen der Zeitzeugen“, für die Pnina unterwegs ist, auch als Reisebegleiterin und Dolmetscherin bei Israel-Reisen von Schüler- oder Jugendgruppen. Sie selbst hat viele Jahre dort gelebt, nachdem die Familie auf Drängen der Mutter endlich ausgewandert war. Denn die permanente Traurigkeit und Dunkelheit zu Hause war nicht das einzige Problem. Als Juden wurden sie in Lodz auch nach Kriegsende noch verunglimpft und physisch bedroht. Der Vater war auf offener Straße verprügelt worden, seine Nase gebrochen. Pnina und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder konnten nicht alleine zur Schule gehen, sie wären in Gefahr gewesen. Und die Eltern hatten panische Angst, dass Nachbarn mitbekommen wie sie die jüdischen Feiertage begehen.

Als sie nach Israel auswanderten war Pnina zehn. „Das war mein Glück“, versichert sie, denn dort begann ihr eigentliches Leben. Die Ankunft mit dem Schiff in Haifa zählt Pnina zu ihren großen Glücksmomenten, auf Platz zwei nach der Geburt ihres Sohnes. Umgekehrt war sie unendlich traurig, als sie Israel wiederum mit dem Schiff verlassen musste. Sie hatte einen Deutschen geheiratet, der auf Zeit an einem Projekt in Eilat gearbeitet hatte und nach Recklinghausen zurück ging. Ein Schock für die Eltern, insbesondere den Vater, der ein halbes Jahr nicht mit ihr gesprochen hat. Pnina, die sich selbst als aufsässig bezeichnet weil sie nicht werden wollte wie ihre Eltern, war der Meinung: Das ist ein anderes Deutschland. Man muss sich annähern und Freundschaften beginnen.

Umgekehrt empfahl sie den Kolleg-Schülern, die diese Gelegenheit für viele Nachfragen nutzten, unbedingt nach Israel zu reisen. Auch, um nicht dem „modernen Antisemitismus“ zu verfallen, der für Religionsfreiheit ist aber die israelische Politik kritisiert. Nur vor Ort könne man sich wirklich ein Bild von der Situation im Gaza-Streifen machen, wo die Hamas als islamistische Terrororganisation die Menschen als Geiseln festhalte, um ein Druckmittel gegen Israel zu haben.

Die ausländische Berichterstattung sei leider sehr einseitig und Nachrichten von der Hamas gezielt lanciert. Gaza sei von langen Tunneln durchzogen, durch die Lkw fahren können, Raketen gebaut und Terroristen auf israelisches Territorium gebracht werden.

Ob sie sich in Israel physisch sicher fühle? „Sicherer als in Deutschland“, antwortete Pnina umgehend. In Israel wisse man mit dem Terror umzugehen und treffe entsprechende Sicherheitsvorkehrungen, hier sei man blauäugig. Sie habe oft deutsche Gruppen erlebt, die voller Sorge nach Israel gereist sind und erstaunt waren, sich sicher zu fühlen und ohne Vorurteile aufgenommen zu werden. Außerdem sei es ein wunderschönes Land. Ihre Überzeugung: „Fahrt hin, dann kommt ihr als gute Botschafter zurück!“

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