Hilfe für Eltern Trauer um Sternenkinder bleibt

Leverkusen · Melanie Buck und Andreas Beljan bieten nach Totgeburt einen Gesprächskreis für ebenfalls betroffene Eltern an.

 Wenn nach der Geburt nur die Trauer bleibt.

Wenn nach der Geburt nur die Trauer bleibt.

Foto: Michael Mutzberg

Das Baby wog 3550 Gramm und war 50 Zentimeter groß, als es in der 40. Schwangerschaftswoche – vier Tage nach dem errechneten Termin – im Klinikum geboren wurde. Obwohl die Schwangerschaft bis dahin einwandfrei verlaufen und der kleine Junge gut entwickelt war, lebte Jannis zu dieser Zeit schon seit 36 Stunden nicht mehr. „Als ich seine Bewegungen am Vortag um 6 Uhr morgens spürte, hatte er vermutlich gerade seinen Lebenskampf verloren“, erzählt Melanie Buck. Mit Vorwürfen oder Anschuldigungen hält sie sich zurück, sagt nur: „Als ich ins Krankenhaus kam, war die Station überfüllt und das Personal überlastet. Keiner hatte Zeit für mich.“ Vermutlich auch deshalb habe man ihre Bemerkung über auslaufendes Fruchtwasser nicht ernst genommen. Als das kleine „Sternenkind“ auf die Welt kam, lag es bereits auf dem Trockenen.

Als „Sternenkind“ werden Kinder bezeichnet, wenn sie vor, während oder bald nach der Geburt verstorben sind. Bis Mai 2013 waren diese Kinder im juristischen Sinn nicht existent, sie galten als Fehlgeburt. Viele Friedhöfe verweigerten deshalb ein Begräbnis. Der Bundesrat hat schließlich einer Änderung zugestimmt, so dass Eltern ihre tot geborenen Kinder auch standesamtlich eintragen lassen können.

Der Tod von Jannis liegt inzwischen fast zwei Jahre zurück. Überwunden haben die Mutter und ihr Partner Andreas Beljan den Verlust ihres Kindes aber noch lange nicht. Das Thema „Kindstod“ sei leider noch immer ein Tabuthema in der Gesellschaft, bemängelt Beljan. Dabei komme es häufiger vor als gedacht. In einem speziellen Facebook-Forum kämen jährlich hunderte Betroffene hinzu.

Bei der Aufarbeitung des Themas geht es den Eltern nicht alleine um die intensive und langanhaltende Trauer, die durch den Verlust des Babys entstanden ist. Sondern auch um den Verlust des Glaubens, der Hoffnung und der Zukunft. Dazu kommen finanzielle Probleme. Die Beziehung des Paares wäre um ein Haar zerbrochen. Trotzdem war Melanie der Meinung, schon Wochen nach dem Tod des Sohnes wieder arbeiten gehen zu können. Erinnerungen an die Geburt ließ sie nicht mehr zu, vergrub diese tief in ihrem Inneren. Als Reaktion auf die Flucht vor der Trauer folgten ständige Erschöpfung und Mattigkeit. „Ich dachte, ich könnte funktionieren. Aber es wurde immer schlimmer.“

Das konnten viele Menschen nicht verstehen. Freunde, ja selbst Angehörige wunderten sich, dass sie immer noch trauerte. „Je mehr Zeit vergeht, desto weniger Verständnis bekommen wir“, sagt Melanie Buck. Seit Februar ist sie arbeitsunfähig. Eine zwischenzeitliche Kur hat ebenfalls keine Besserung gebracht, denn untergebracht war sie ausgerechnet in einer Mutter-Kind-Klinik. Im Grunde könnte nur eine Trauer-Trauma-Therapie helfen. Doch einen Platz gibt es nicht.

Für die Zukunft gibt es immerhin einen kleinen Lichtblick: Buck denkt an eine Umschulung. Außerdem will das Paar am 20. Februar 2020 heiraten. Spätestens, wenn sie eine neue Wohnung gefunden haben, hoffen sie auf ein zweites Baby, ein „Regenbogenkind“.

Seine Erfahrungen will das Paar mit anderen teilen. Für Betroffene bieten Melanie Buck und Andreas Beljan den Gesprächskreis „Leere Wiege“. Treffen sind an jedem dritten Mittwoch im Monat um 19 Uhr im Matthäus-Gemeindehaus, Karl-Bosch-Straße 2 in Manfort. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der nächste Termin ist am 20. November. Weitere Infos: Andreas Beljan, Telefon 0176 38742095; Mail: andreas.beljan@gmx.de

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