Mein Laden Kunst, die spazieren getragen wird

Serie | Leverkusen · Die Corsage ist für Anja Maria Neuser eine Leinwand. Dort kann sie ihre Kreativität ausleben und sich mit größtem Vergnügen austoben.

 Für jede Figur was dabei: Anja Maria Neuser in ihrem Atelier AMN Couture auf der Düsseldorfer Straße.

Für jede Figur was dabei: Anja Maria Neuser in ihrem Atelier AMN Couture auf der Düsseldorfer Straße.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Festliches Brokatgewebe, edel schimmernde Seide, aber auch weich fließende Viskose: Anja Maria Neuser liebt die Arbeit mit exquisiten Materialien, die sie zu Einzelstücken verarbeitet. Immer auf Typ und Figur ihrer Kundinnen abgestimmt. Ihre Spezialität sind exakt sitzende Korsetts und Corsagen, weil sie die weiblichen Rundungen ganz besonders vorteilhaft in Szene setzen können. Und das nicht nur bei ausgefallenen Brautkleidern, die einen großen Anteil an ihrer Kollektion haben.

Seit 2011 betreibt Neuser ihr eigenes Geschäft AMN Couture an der Düsseldorfer Straße. Zuerst hatte sie ihren Modesalon zwei Häuser weiter direkt am Berliner Platz, vor zwei Jahren zog sie in die größeren Räume um. Egal ob angehende Bräute, Frauen, die sich ein ausgefallenes, maßgeschneidertes Abendkleid wünschen oder auch nur eine auffällige Corsage, die sich sogar mit Jeans und Lederjacke kombinieren lässt – für jede Kundin nimmt sich Neuser Zeit. Deswegen kann man ihren Laden auch nicht ohne Anmeldung während der Öffnungszeiten besuchen, sondern wird nur nach vorheriger Terminabsprache eingelassen. Im Gespräch, manchmal anhand mitgebrachter Fotos, ermittelt die Modedesignerin Wünsche, Vorlieben und Charakter ihrer Kundinnen, um dann Vorschläge zu machen und mit wenigen Strichen mögliche Modelle zu skizzieren.

Noch schwerer fällt vielleicht die Stoff- und Farbauswahl, denn außer den vorrätigen Stoffballen in ihrem Vitrinenschrank kann Neuser mehrere Musterbücher vorlegen, die eine Entscheidung nicht einfacher machen. Da erscheint die Beratung durch eine erfahrene Fachfrau mehr als hilfreich. Sie weiß, wie sich bestimmte Materialien verhalten, je nachdem ob steife Korsettstangen eingezogen werden oder ein Rock weich fallen sollte, und was sich gut kombinieren lässt. Ihre Kreativität scheint grenzenlos. Denn der Stoff ist schließlich nur die Unterlage, auf der sich Anja Maria Neuser mit größtem Vergnügen austobt.

Eine Corsage betrachtet sie als kleine, aber auffällige Leinwandfläche, auf der sie künstlerisch tätig werden kann und die anschließend auch noch spazieren getragen wird. Spitzenstoffe, Pelzbesätze, Perlen, Pailletten, besondere Schließen und Knöpfe hat sie in vielen Schachteln verwahrt. Außerdem selbst gemachte Blüten oder auf ein Stück Tüll aufgebrachte Blumen und Blätter, mit denen sie ein Korsett belegen kann. Auf eine der ausgestellten Corsagen hat sie Käfer aus Perlen und länglichen, grün schillernden Flügeln gestickt. Den Unterschied zwischen beiden Figur betonenden Kleidungsstücken erklärt die gelernte Korsettmacherin: Ein Korsett mit Schließen und Schnüren sitzt ganz genau auf der Haut und gibt festen Halt, allerdings ohne die Trägerin einzuschnüren. Während die Corsage nicht ganz so eng sitzt und meist mit Reißverschluss oder Schließen versehen ist. Für beide gilt, dass sie optimal passen müssen und die Silhouette vorteilhaft formen sollen. Da sind genaues Vermessen und Anproben unerlässlich. Ob man auch fuschen kann, um Schwachstellen der Figur zu vertuschen? „Klar, es gibt ganz viele Tricks“, versichert Neuser. Niemand sei komplett symmetrisch gebaut. Das müsse sie ausgleichen, mit Abnähern oder kleinen Polstern. Eine aufwendige Detailarbeit, die das Erscheinungsbild beeinflussen.

Auch wenn Brautkleider, Korsetts und Corsagen ihre Spezialität sind, schneidert Anja Maria Neuser alles auf Wunsch, sei es die passende Jacke, ein Mantel, Röcke, Kleider oder eine schlichte schwarze Marlenehose zum Hingucker-Oberteil. Edle Materialien und der hohe Zeitaufwand haben ihren Preis, den die Inhaberin aber nicht generell beziffern kann, weil es von den individuellen Wünschen abhängt. In diesem Jahr bekam sie einerseits zu spüren, dass die großen Anlässe wie Hochzeiten und Bälle ausfielen. Dafür gebe es eine gesteigerte Lust auf schöne Sachen und manche Frau wolle sich etwas gönnen, wenn schon der Urlaub ausgefallen sei.

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