Zwischen Kunstnacht und Benefizkonzert brach Material aus Deckensturz in der Bielertkirche

Leverkusen-Opladen · Ein zwei bis drei Quadrameter großes Stück brach aus der bemalten Decke. Besucher von Kunstnacht und Benefizkonzert blieben unversehrt. The Blue Mountain Singers und der Kammerchor sangen für die Sanierung.

 Die Deckenteile fielen auf die Empore und das dort befindliche Gerüst. Einen Abend zuvor in der Kunstnacht war die Welt noch in Ordnung.

Die Deckenteile fielen auf die Empore und das dort befindliche Gerüst. Einen Abend zuvor in der Kunstnacht war die Welt noch in Ordnung.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Als Finanzierungshilfe für die immensen Schäden, die bei der Flut im Juli an der ohnehin sanierungsbedürftigen Bielertkirche entstanden sind, hatte der „Rotary-Club Leverkusen Rhein-Wupper“ für Sonntag ein Benefiz-Konzert organisiert. Auf Klappstühlen sollten die Besucher in der sanierungsbedürftigen Kirche sitzen, zwischen freigelegten Wänden, auf abgeschlagenem Fußboden. Doch zwischen Samstagabend und Sonntagmittag ist dort ein zwei bis drei Quadratmeter großes Stück der bemalten Decke ausgebrochen und auf die Empore und ein Baugerüst gestürzt. Kein PR-Gag, sondern krasse Wirklichkeit. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn sich der Deckensturz am Tag vor- oder nachher ereignet hätte  – Freitag spazierten Kunstnachtbesucher durch die Kirche, Sonntagnachmittag hätten eben Konzertgäste auf den Klappstühlen getroffen werden können.

Alles noch einmal gut gegangen. Außer einem verspäteten Konzertbeginn wegen der kurzfristigen Verlegung in die evangelische Kirche in Quettingen ist nichts passiert – abgesehen vom materiellem Schaden. Kantor Michael Porr steckte der Schreck noch in den Knochen, als er die Konzertbesucher begrüßte und auf die Notwendigkeit des Spendenzwecks hinwies. Er hatte bei einer Probe am Samstagabend genau an jeder Stelle gestanden, wo Stunden später die Material-Lawine niederging.

 Die Blue Mountain Singers, Gospelchor der evangelischen Kirchengemeinde Schlebusch, sangen in Quettingen unter der Leitung von Josef Nedzvetski.

Die Blue Mountain Singers, Gospelchor der evangelischen Kirchengemeinde Schlebusch, sangen in Quettingen unter der Leitung von Josef Nedzvetski.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Der enorme Adrenalinstoß war vielleicht verantwortlich für das atemlos anmutende Tempo, das er bei Johann Sebastian Bachs Choralbearbeitung „Wachet auf, ruft und sie Stimme“ an der Orgel wählte. Ganz anders dann, in eher sinnlich, meditativen Charakter, improvisierte er über die bekannte Melodie „Nature Boy“ von Eden Ahbez. Aber zuerst war Chormusik an der Reihe. Als Gäste entschädigten „The Blue Mountain Singers“ das Publikum in der gut gefüllten Kirche für die lange Wartezeit, bis wirklich alle von der Bielertkirche nach Quettingen gefunden hatten.

 Ein Teil der bemalten Decke, hier ein Ausschnitt der Schadensselle) des Gotteshauses ist abgebrochen und runtergestürzt.

Ein Teil der bemalten Decke, hier ein Ausschnitt der Schadensselle) des Gotteshauses ist abgebrochen und runtergestürzt.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Beginnend mit dem Klassiker „Hallelujah“ von Leonhard Cohen, drehte der Chor, der von Leiter Josef Nedzvetski am Klavier begleitet wurde, beschwingt auf beim Gospel „In the last days“. Der erzählt von Endzeit-Hoffnung, wenn Schwerter zu Instrumenten des Friedens werden. Und mit „Power“ setzten die Stimmen neben der rhythmischen Wirkung auf den optischen Effekt synchroner Bewegung. Von stillem Charakter war der Programmteil des Kammerchores der Bielertkirche mit Kompositionen aus verschiedenen Jahrhunderten.

Zwei Mal erklang die Bitte „Verleih uns Frieden“, anfangs in der Fassung von Heinrich Schütz mit den typischen rhythmischen Wechseln. Inständig und sehr emotional die neue Vertonung desselben Textes von Michael Porr, der auf dem Flügelhorn eine Solo-Melodie in den gepflegten Chorpart setzte. Sanft und mit großen dynamischen Unterschieden gestaltet erklang Faurés „Cantique des Jean Racine“ und geradezu sphärisch das „Lux aurumque“ des aktuellen Komponisten Eric Whitacre, in dem das Flirren des Lichtes in changierenden Farben hörbar wird.

Der Schreck durch den Deckeneinsturz trat da für die Dauer des Konzertes in den Hintergrund. Die Frage, wie es zum Einsturz kommen konnte, bleibt.

Hintergrund: Der denkmalgeschützte, einschiffige Saalbau, eingeweiht  im September 1876, muss saniert werden. Ohne „kann die Kirche auf längere Sicht nicht mehr genutzt werden, da im Bereich des Daches Mauerwerksfugen undicht und Steinbauteile der Fassade absturzgefährdet sind“, meldete die Stadt im Informationsdienst „z.d.a.Rat“ für die Politik im Mai.

Genutzt werden aber soll und muss sie, denn wegen der angedachten Schließung der anderen Gemeindezentren bleibt sie als einziges Zentrum der Evangelischen Kirchengemeinde Opladen bestehen „und bildet einen Kulturmittelpunkt für den Stadtteil“, wies die Stadt hin. Sie bezifferte die Sanierungskost mit 4,1 Millionen Euro. Im kommenden Jahr sollen die Arbeiten beginnen – zunächst mit der Turmsanierung, danach kommen die  Dach- und Fassadensanierung des Kirchenschiffs.  Die Instandsetzung soll über die regionale Kulturförderung des Landschaftsverbands Rheinland unterstützt werden: Die Förderung von insgesamt 150.000 Euro – gleichmäßig verteilt auf die Jahre 2022 bis 2024 – ist beantragt, meldete das Kulturdezernat.

Was den aktuellen Deckeneinsturz angeht, wird man wohl Architekten und Statiker in die Verantwortung nehmen, die den Raum trotz sichtbarer Mängel für beide Veranstaltungen am Wochenende freigegeben haben und Handwerker ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen arbeiten ließen.

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