Leverkusener Fakten und Hintergrund Auf den Spuren eines Schraubenfabrikanten

Leverkusen · Ein internationaler Marktführer war einst die Schraubenfabrik Tillmanns. Der Wiembach hatte laut Geschichtsverein seinen Anteil daran.

 Am Denkmal der Fabrik in Neukronenberg ging es los: Durch die Geschichte führten Michael Gutbier (M.) und Gregor Schier (r.). Kamera: Jörn Wenge.

Am Denkmal der Fabrik in Neukronenberg ging es los: Durch die Geschichte führten Michael Gutbier (M.) und Gregor Schier (r.). Kamera: Jörn Wenge.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

So mancher Spaziergänger mag sich auf dem Waldweg zwischen Lützenkirchen und Quettingen gewundert haben, welches seltsame Bauwerk seitlich des Wiembachs dort steht. Eine Antwort darauf gaben jetzt der Opladener Geschichtsverein (OGV) und der städtische Denkmalpfleger Gregor Schier. Sie hatten – pandemiebedingt – zu einem virtuellen Stadtspaziergang durch Neukronenberg mit Vorstellung der ehemaligen Holzschraubenfabrik der Gebrüder Tillmanns eingeladen. „Es ist eine ehemalige Rampe für eine Eisenbahnbrücke, deren Gleise über den Wiembach und direkt ins Werk führten“, erläuterte OGV-Vorsitzender Michael Gutbier vor Ort.

Zuschauer hörten, dass der 10,5 Kilometer lange Wiembach in Burscheid entspringt und in die Wupper mündet, eigentlich als Wiembach in die Karte eingetragen ist, von Lützenkirchener Bürgern aber als „Wiehbach“ bezeichnet wird. Und dass der Bach seit dem Mittelalter als bedeutender Wirtschaftsfaktor galt, nachdem sich zahlreiche Mühlen und Höfe in seiner Nähe angesiedelt hatten.

Auch die Familie des Nagelschmiedemeisters Johannes Tillmanns kam an den Wiembach, nachdem der vorherige Standort in Cronenberg bei Wuppertal zu klein geworden war. Der entsprechende Tipp kam von seinem Schwager Wilhelm Pohlig. Der war Mitglied im Lützenkirchener Gemeinderat und Bruder von Julius Ohlig, dem berühmten Drahtseilbauer, der unter anderem die erste Seilbahn 1912/13 auf den Zuckerhut in Rio de Janeiro erbaute.

1859 – nur ein Jahr nach dem Antrag und etwa zehn Jahre, ehe Carl Leverkus die Farbenfabrik an den Rhein brachte – erhielt Tillmanns die Genehmigung zur Errichtung einer Holzschraubenfabrik mit oberschlägigem Wasserrad. Den neuen Standort nannte er „Neukronenberg“, der Volksmund bezeichnete das Gebiet in der Auenlandschaft später als „Tillmanns Loch“.

Die Manufaktur wuchs rasch. Vor allem, als 1870 ergänzend zur Wasserkraft eine Dampfmaschine mit 50 PS gekauft und das Sortiment auf Schrauben, Betthaken, Muttern, Nieten, Bolzen und Kleineisen erweitert wurde. Zählte die Firma bei der ursprünglichen Firmengründung im Jahr 1826 noch 25 Mitarbeiter, so waren es zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 bereits 600 Beschäftigte.

Die Fabrik galt nicht nur am Ort, sondern auch weltweit -– vor allem in den Balkanstaaten und Russland – als Marktführer. Als 1881 eine Eisenbahnstrecke von Opladen über Wermelskirchen ins Bergische Land gebaut wurde und Tillmanns einen eigenen Gleisanschluss erhielt, bekam das Unternehmen Zugang zu 27 verschiedenen Ländern. Bis bei der Weltwirtschaftskrise 1931 das endgültige Aus kam. Die Gebäude wurden noch etliche Jahre weiter genutzt, bis sie 1987 abbrannten und abgerissen wurden. Inzwischen hat die Natur ihr Revier in Tillmanns Loch zurückerobert.

Zwei Söhne des Calvinisten Johannes Tillmanns errichteten sich respektable Häuser in der Umgebung, die – getrennt durch den Wiembach – miteinander korrespondieren. Gutbier und Schier durften beide besichtigen. Der Blick in die zweigeschossige Villa von Hugo Tillmanns aus dem Baujahr 1898 an der Neukronenberger Straße 47, eingebettet in einen Landschaftspark im englischen Stil, lenkte die Aufmerksamkeit auf Stuckdecken und weiße Türen.

Das Haus ist seit 1987 in die Denkmalliste eingetragen. Aktuell werden die Räume saniert und sollen als Wohnungen vermietet werden. Der Park ist bestückt mit Bäumen wie Platanen, Ahorn und Eiben. Schier: „Es ist in unserem Interesse, die mehr als 100 Jahre alten Bäume im Rahmen der Landschaftsdenkmalpflege zu erhalten.“

Auch die Villa von Rudolf Tillmanns an der Neukronenberger Straße 41 ist im Neorenaissance-Stil errichtet. Auffällig ist besonders das Walmdach. Der Eingang wird von einer Freitreppe dominiert. Das Haus – es wurde 2000 durch einen Prominenten erworben und später wieder verkauft – steht seit 1987 unter Denkmalschutz.

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