Leverkusen Laugen-Angriff: Juristin kritisiert mangelnden Schutz verfolgter Frauen

Leverkusen · Noch steht nicht fest, mit welcher Flüssigkeit ein 28-Jähriger am Montagabend seine 29-jährige Ex-Freundin in Wiesdorf verätzt hat. Die Polizei geht davon aus, dass die Auswertung noch einige Tage dauern wird.

 Dr. Esma Cakir-Ceylan hat das Hildener Säureopfer verteidigt.

Dr. Esma Cakir-Ceylan hat das Hildener Säureopfer verteidigt.

Foto: Cakir-Ceylan

Polizeisprecher Dirk Weber sagt: "Säure- oder Lauge-Attentate sind zum Glück sehr selten." Der 28-Jährige sitzt zurzeit wegen gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft. Motiv für die Tat seien wohl Streitigkeiten nach der Trennung. Die schwer verletzte Opladenerin wird zurzeit in einer Kölner Klinik behandelt. Das gemeinsame Kind befindet sich laut Polizei in familiärer Obhut.

"Der deutsche Täter aus Leverkusen hat sich die Idee zu dem Laugen-Angriff sicherlich entweder von einem Freund oder Bekannten geholt, bei dem dieses Thema nicht fremd ist", sagt Dr. Esma Cakir-Ceylan. Die Rechtsanwältin hat zu der Thematik kulturell bedingter Gewalt und Tötungsdelikte promoviert. "Oder er hat den Gedanken durch die öffentliche Berichterstattung über solche Fälle gefasst." Die Strafrechtlerin vertrat vor Gericht die Hildenerin, deren Ex-Freund sie Ende 2012 in Hilden mit Säure überschütten ließ. Auch bei ihr habe der Täter im Nachahmungseffekt gehandelt. "Hochkonzentrierte Säure ist in der Apotheke leicht zu beschaffen", berichtet die Rechtsanwältin. "Und bei der Tathandlung selbst haben die Täter das Gefühl, sich nicht ihre Finger ,schmutzig' machen zu müssen, da sie weder schlagen noch stechen, also die Gewalt und den Kraftakt nicht unmittelbar ausüben müssen."

Cakir-Ceylan sieht großen Handlungsbedarf, Frauen besser vor Gewalt zu schützen. "Die Schutzeinrichtungen und Möglichkeiten in Stalking-Fällen sind unzureichend, insbesondere in ehemaligen Paarbeziehungen", sagt sie. Das Hildener Opfer habe vor dem Angriff viele Male Anzeige erstattet, sei von der Polizei aber nicht ernst genommen worden. "An gerichtliche Verfügungen, sich den Frauen nicht nähern zu dürfen und einen bestimmten Abstand einzuhalten, halten sich die Täter in der Regel nicht", sagt die Anwältin. "Der Besitzwille und die Eifersucht sind stärker ausgeprägt als die Angst, bei Straftaten gegen die Ex-Freundin bestraft zu werden." Auch die Opladenerin hatte vor dem Laugen-Angriff am Montag ihren Ex-Freund schon zwei Mal bei der Polizei angezeigt - wegen Raubüberfalls und Einbruchs.

(sug)
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