Protest der Landwirte „Wir wollen zeigen, wo der Schuh drückt“

Leverkusen · Protestfahrt: Bauern fuhren mit 26 Traktoren Montagmorgen im Konvoi von Leverkusen bis Köln und Düsseldorf.

 Die 26 Traktoren, hier auf dem Europaring, wurden auf dem Weg nach Köln und darüber hinaus von der Polizei begleitet.

Die 26 Traktoren, hier auf dem Europaring, wurden auf dem Weg nach Köln und darüber hinaus von der Polizei begleitet.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Nach Berlin ist er nicht mehr mitgefahren. Auch nicht mit dem Sonderzug, der sich um 3 Uhr am Dienstagmorgen mit Landwirten an Bord gen Hauptstadt in Bewegung setzte. Aber auf die Straße gehen, genauer: auf der Straße mit dem Trecker fahren, um „symbolisch zu zeigen, wo der Schuh drückt“, das wollte sich Friedhelm Kamphausen am Montag nicht nehmen lassen. Und so saß der 63-Jährge, der im Ölbachtal auf dem Grunder Hof einen Legehennenbetrieb führt, auf einem der 26 Traktoren, die ausgestattet mit großen Protestplakaten von der Sammelstelle an der Raiffeisen-Erzeugergenossenschaft in Opladen im Konvoi durch Leverkusen in Richtung Köln fuhren. Auf Plakaten standen deutliche Sätze wie „Nachhaltigkeit ist unser Job, Landwirte denken in Generationen“ und „Wir sind noch da. Hört uns bitte zu. Wir beißen nicht.“

Das Bündnis „Land schafft Verbindung“ hatte zu der bundesweiten Sternfahrt aufgerufen. Tausende Bauern sind teils seit einigen Tagen aus dem ganzen Land unterwegs in Richtung Berlin, um ihren Unmut über die aktuelle Agrarpolitik der Bundesregierung zu zeigen. „Auf einem Traktor ist eine Kiste, gut einen Kubikmeter groß, mitgefahren“, erzählt Kamphausen. Kritik, Wünsche, Briefe an die Regierung seien da drin. Staffelbox, nennt der Leverkusener Landwirt sie. Am Brandenburger Tor soll sie übergeben werden. „Das wird ein beeindruckendes Bild, ein historischer Moment.“ Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat zugesagt, bei der Kundgebung in Berlin sprechen zu wollen.

 Der Treckerkonvoi von Landwirten aus Leverkusen und Umgebung sammelte sich an der Robert-Koch-Straße, um  von dort bis nach Köln zu fahren.

Der Treckerkonvoi von Landwirten aus Leverkusen und Umgebung sammelte sich an der Robert-Koch-Straße, um  von dort bis nach Köln zu fahren.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Unter anderem an Klöckner richtet sich die Kritik der Bauern. Friedhelm Kamphausen erzählt ein Erlebnis von der Fahrt am Montagmorgen, das einen Kritikpunkt illustrieren soll: „Als wir von der Versammlung in Köln am Dom weiter nach Düsseldorf fahren wollten, ging es auf der Rheinuferstraße erstmal nicht weiter.“ Wegen regulatorischen Vorgaben. „Das muss man sich vorstellen, da standen ein paar hundert Trekker, eine Hundertschaft der Polizei – die hat uns übrigens sehr gut begleitet –, und alles muss warten wegen Papierkram. Das ist generell das Problem in unserem Land.“

 Friedhelm Kamphausen  hat einen Legehennenbetrieb im Ölbachtal. Wer den Obstwanderweg entlanggeht, kommt am Grunder Hof samt Hofladen vorbei.

Friedhelm Kamphausen  hat einen Legehennenbetrieb im Ölbachtal. Wer den Obstwanderweg entlanggeht, kommt am Grunder Hof samt Hofladen vorbei.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Kamphausen nennt ein Beispiel aus der Landwirtschaft. „Ein Milchviehbetrieb, der ein neues Silo bauen will, hat das früher in Eigenleistung getan, um Kosten zu sparen. heute geht das nicht mehr, da muss ein Unternehmen beauftragt werden. Durch solche Vorschriften gehen die kleinen Betriebe kaputt.“ Er selbst hat 2009 einen neuen Hühnerstall gebaut, stellte auf Kleingruppenhaltung um. „Wenig später kommen wieder ganz andere Anweisungen aus Brüssel. Aber nicht jeder Familienbetrieb kann sich eben alle paar Jahre umstellen.“ Er nennt beispielhaft noch einen Punkt, der Landwirte umtreibt: die neue Düngemittelverordnung. „Weil irgendwo am Niederrhein ein Nitratproblem besteht, solle gleich jeder 20 Prozent unter dem Nährstoffbedarf der Pflanzen düngen, auch wenn er weit weg vom Niederrhein seinen Betrieb hat. Das ist so, als ob drei übergewichtige Kinder in der Klasse sind, aber die gesamte Klasse zur Diät verdonnert wird. Hier werden Entscheidungen nach dem Mainstream getroffen.“ Nicht nach fachlichen Argumenten, betont der 63-Jährige und hofft, dass die Sternfahrt dazu beiträgt, dass die Bauern wieder gehört werden.

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