Kommentar "Läden wie am Viktualienmarkt"

Kommentar · ECE: nicht klagen, endlich anpacken

Alles wird gut, wenn man den Statements von CDU-Ratsherr und Vorsitzendem der City-Werbegemeinschaft Frank Schönberger und von Bau- und Wirtschaftsdezernent Wolfgang Mues (CDU) Glauben schenkt. Beide saßen mit auf dem Podium bei einer öffentlichen Diskussion über die Zukunft der City. "Die Rathaus-Galerie macht auf – und Wiesdorf macht zu?" war die Frage, mit der Freie Wähler OWG-UWG und CDU zur Veranstaltung eingeladen hatten. Man habe bewusst überspitzt formuliert, so Moderator Jürgen Scharf, der sich vor allem konstruktive Vorschläge erhoffte.

Rund 50 Wiesdorfer Privat- und Geschäftsleute waren gekommen, um entweder ihren Sorgen Luft zu machen, ein penetranter Zwischenrufer, um seinen Ärger abzulassen, oder einfach zu erfahren, wie es weiter gehen soll nach der ECE-Eröffnung. Mues sieht darin die Chance, verlorene Kaufkraft zurückzuholen, schwärmte von "Alleinstellungsmerkmal" und hoher Qualität, die eine Sogwirkung ausüben werde, von der auch der "Speckgürtel" im ECE-Umfeld profitiert. Die Besucher befürchteten dagegen ein Geschäftesterben in City A und C. Die Leerstände an der Hauptstraße dürfe man allerdings nicht dem ECE anlasten, die gebe es schon seit Jahren, dämpfte einer.

Problem Vandalismus

Das eigentliche Problem an Markt und Hauptstraße seien Vandalismus, Müll und eine Überfrachtung mit Handyläden, Billigshops und Wettbüros, die das falsche Publikum anzögen. Bernhard Apel (CDU) hoffte da auf das zu erwartende Urteil, das die Wettbüros verbiete. Es müsse kleine, feine Geschäfte geben, wie am Viktualienmarkt, träumte ein Besucher. Eine Idee, die mit Raunen und leisem Gelächter quittiert wurde. Wenn die City von Sparkasse bis Kolonie I mit dem ECE als Gelenk in der Mitte geplant sei, wie es Mues vorgestellt hatte, müsse man auch optisch eine Einheit schaffen, regte eine Besucherin an. Eine solche Planung gebe es, belehrte der Dezernent. Aber die müsse der Rat auch beschließen und das Geld freigeben.

Die klamme Haushaltslage machte er auch für ungepflegte Grünanlagen in Wiesdorf verantwortlich. Wozu man über Baumpflanzungen und Brunnen am Wiesdorfer Platz nachdenke, wenn anschließend kein Geld für die Pflege da sei, warf Frank Arentz ein. Er forderte ein besseres Komplett-Konzept. Doch wirklich zündende Ideen wurden bei dieser Versammlung nicht geäußert. Konkretes regte immerhin Heinz Boden vom ADFC an, der für den Rad fahrenden Teil der Bevölkerung um mehr Abstellmöglichkeiten und Schließfächer bat.

Die Aktion "Neue Stadtmitte" mit Abriss von Rathaus, Stadthaus und Bayer-Kaufhaus ist so umstritten wie der Plan, quer durch die City einen "Wohnhaus-Lindwurm" nach Chorweiler Art zu bauen. Der Lindwurm fand vor Jahrzehnten – zum Glück – keine Mehrheit im Stadtrat. Die "ECE-Rathaus-Galerie" schon. Damit ist die Situation da: Das für Wiesdorf mächtige Geschäftsoberzentrum eröffnet in drei Wochen. Jammern über diese Entwicklung gehört jetzt ins Stadtarchiv. Wer in Wiesdorf als Geschäftsmann überleben will, muss anpacken, Mittel finden, Kunden anzulocken. Das ECE kann dazu sogar der Katalysator sein. Alles andere hilft nicht. Vor allem schlechte Laune nicht, denn damit findet man auch keine besseren Lösungen. (US)

(RP)
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