Leverkusen Kritik an "Gold-Handschlag" für Herpolsheimer

Leverkusen · Verbraucherschützer bezeichnen die Konditionen des Aufhebungsvertrags für den ehemaligen Leverkusener Sparkassenchef als "nicht mehr hinnehmbar" . Aber waren sie wirklich vermeidbar?

Als der Vertrag des Leverkusener Sparkassenchefs Manfred Herpolsheimer 2016 drei Jahre vor seinem Ablauf "im besten gegenseitigen Einvernehmen" beendet wurde, vermuteten viele, es müsse eine Menge Geld geflossen sein. Als Trennungsgrund wurde damals "die unterschiedliche Auffassung zur künftigen Strategie der Sparkasse" genannt.

Jetzt sind die Summen, die seinerzeit vereinbart wurden, öffentlich. Im Bundesanzeiger ist der Sparkassen-Jahresabschluss 2016 zu lesen. Und darin heißt es wörtlich: "Mit Herrn Herpolsheimer wurde im Zuge seines Ausscheidens zum 30.4.2016 ein Aufhebungsvertrag geschlossen." Er habe eine Einmalzahlung von 949.900 Euro erhalten.

Das ist allerdings bei weitem noch nicht alles: Denn obwohl Herpolsheimer seinen Schreibtisch räumte, laufen seine monatlichen festen Bezüge noch bis September 2019 weiter. Für die Zeit vom 1. Mai vergangenen Jahres bis zum Jahresende erhielt er eine Gesamtvergütung von 344.900 Euro. Ab Oktober 2019 erhält der Ex-Sparkassenchef dann 65 Prozent der ruhegeldfähigen Bezüge. Zum Vergleich: Im Kapitel "Altersversorgung der Mitglieder des Vorstands" ist aktuell von "maximal 55 Prozent" der ruhegehaltsfähigen Bezüge für die Chefetage die Rede.

"Aus Verbrauchersicht missbilligen wir aufs Schärfste eine derart üppige Altersversorgung eines Vorstandsmitglieds eines öffentlich-rechtlich Kreditinstituts im Rahmen einer vorzeitigen Auflösung eines Beschäftigungsvertrags", betonte Heidrun Jakobs gestern im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht ist Vorstandsvorsitzende des Vereins "Verbraucherschutz Banken und Versicherungen". Sie sagt: "In Zeiten eines Dauerniedrigzinses und erheblichen Preissteigerungen bei den Kreditinstituten werden damit die Bankkunden in nicht mehr hinnehmbarer Art und Weise übervorteilt."

Allerdings müsse zugunsten des betreffenden Vorstandsmitglieds berücksichtigt werden, "dass Verträge grundsätzlich immer einzuhalten sind und eine vorzeitige Auflösung kompensiert werden muss". Die Verantwortung liege beim Verwaltungsrat und somit "grundsätzlich im politischen Bereich".

Hat der Verwaltungsrat den üppigen Auflösungsvertrag beschlossen, um einer eventuell noch teureren gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen? Oberbürgermeister Uwe Richrath ist Vorsitzender dieses Sparkassen-Aufsichtsgremiums. Er versichert, eine solche Frage habe sich nie gestellt: "Eine gerichtliche Auseinandersetzung stand für den Verwaltungsrat zu keinem Zeitpunkt im Raum."

Warum dann diese Summen? Die Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat unter dem Titel "Arbeitshilfen für Aufsichtsräte" einen Leitfaden herausgegeben, der sich auch mit dem Thema "Altersversorgung der Vorstände" generell beschäftigt, nicht nur auf Banken bezogen. Dabei wird in Frage gestellt, "ob die Festlegung einer Altersvorsorge für Vorstandsmitglieder aus sozialpolitischen Gründen überhaupt geboten ist", erst recht bei sehr hohen jährlichen Vorstandsvergütungen.

Auch über kürzere Vertragslaufzeiten wird seit Jahren diskutiert. Die Sparkasse kann nach eigenen Angaben von ihrer Laufzeit allerdings nicht einfach abrücken, wie ihr Sprecher betont: "Die Rahmenbedingungen für die Vorstandsvereinbarungen regelt das Sparkassengesetz NRW (z.B. 5 Jahre Vertragslaufzeit)." Für die weitere Ausgestaltung der Verträge gebe es Empfehlungen der Sparkassenverbände in NRW. "Beides - also Sparkassengesetz und die Empfehlungen - sehen eine solche Regelung nicht vor."

(RP)
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