Leverkusen Kriegsende und Zerstörung in Leverkusen

Leverkusen · Gabriele John (Stadtarchiv) und Reinhold Braun (Bergischer Geschichtsverein) beschreiben die Situation nach dem 14. April 1945.

 Englische Offiziere im Manforter Hof (Graue).

Englische Offiziere im Manforter Hof (Graue).

Foto: Archiv Braun

Um die Mittagszeit erreichten am 14. April 1945 amerikanische Truppen die Leverkusener Stadtgrenze am Bayer Pförtner 1 und 2 (damals noch I.G. Farben), am Abend übergab der Werkschutz, kampflos. Schlebusch ergab sich am folgenden Tag friedlich. Aber das verlief keineswegs überall in der Stadt so. An der Dhünn leistete die restliche Wehr Widerstand, am Neuenhof eine HJ-Einheit, wobei 16 der 17-jährigen Jungen getötet wurden.

 Die Behelfsbrücke zwischen Opladen und Immigrath: Sie stürzte bei Hochwasser im Februar 1946 ein.

Die Behelfsbrücke zwischen Opladen und Immigrath: Sie stürzte bei Hochwasser im Februar 1946 ein.

Foto: Stadtarchiv, Edmund Birkel (Archiv: Bellissimo), privat

Die historischen Daten sind schnell genannt, doch alleine über diesen einen Tag hätte Gabriele John einen eigenen Vortrag halten können. Am Dienstagabend sprach die Leiterin des Stadtarchivs in der Villa Römer über die Gegebenheiten und Ereignisse am Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren. Dabei wechselte sie sich ab mit Reinhold Braun, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins Abt. Niederwupper. Er hatte für die Illustration dieses Referats gesorgt, dazu Fotos und Schriftstücke aufgespürt, die wenig bekannt sind.

 Die Kölner Straße um 1945-1946.

Die Kölner Straße um 1945-1946.

Foto: Edmund Birkel (Bellissimo)

Den Zeitraum hatten Gabriele John und Reinhold Braun eingegrenzt auf März 1945 bis zur Währungsreform 1948. Doch fast jeder angesprochene Einzelaspekt - wie Zerstörung, Vermisste, Vertriebene, Spätheimkehrer, die politische Neuorientierung mit ersten Wahlen, Lager und Verpflegungsproblematik, Entnazifizierung, die boomende Kultur, die keimende Wirtschaft und das neue Geld - bot genügend Stoff für einen weiteren Abend. Der Abbau von Panzersperren auf der oberen Kölner Straße in Höhe der heutigen St. Elisabethkirche wurde am 16. April 1945 nachgedreht und so als Dokument festgehalten. Den Film können Besucher der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung ZeitRäume in der ersten Etage der Villa Römer komplett anschauen. Vom tatsächlichen Einmarsch sind keine Fotos verfügbar, weder im Stadtarchiv noch im Bayer-Archiv, wo Braun sonst einiges entdeckt hat. Bilder vom zerstörten Opladen stammen größtenteils aus dem Nachlass Birkel, den Fotograf Antonio Bellissimo aufgearbeitet und digitalisiert hat.

 Neues Marktleben in Opladen im Jahr 1948.

Neues Marktleben in Opladen im Jahr 1948.

Foto: Archiv Braun

Im Juni 1945 übernahm die Britische Besatzungsmacht das nördliche Rheinland, untergebracht in Gebäuden der I.G. Farben, Verwaltungssitz wurde die Villa Römer. Roten Punkte markieren auf einer Karte die Bombeneinschläge, lassen das Ausmaß der Zerstörung ahnen, vor allem rund um das Reichsbahn Ausbesserungswerk, das eigentliche Ziel der Bomber. Die Bahnhofstraße war ziemlich zerstört, auch die St. Remigiuskirche, deren Dachstuhl völlig fehlte. Ebenso Teile Quettingens. Mehr als 7000 Freiwillige begannen im April 1945 mit der Enttrümmerung, das Ausräumen der Gebäude übernahmen meist Baufirmen, denn zu Bauen gab es nichts, es fehlte einfach an Material. "Die Trümmerfrauen hat es so im Westen nicht gegeben", räumt John mit einer verbreiteten Legende auf. Weder gebe es entsprechende Fotos, noch konnte sie den Einsatz von Steine klopfenden Frauen wie in der Sowjetisch Besetzten Zone nachweisen. Dort sei ein Mythos geschaffen worden, vielleicht weil die werktätige Frau besser dem kommunistischen Ideal entsprach.

 Gabriele John und Reinold Braun berichteten in der Villa Römer.

Gabriele John und Reinold Braun berichteten in der Villa Römer.

Foto: Matzerath

Vom Wiesdorfer Marktplatz existiert ein Foto, das Loren zeigt, die zum professionellen Abtransport eingesetzt wurden. Trotz erschütternder Bilder war man hier mit einem Zerstörungsgrad von unter 20 Prozent noch gut weggekommen. Die Kölner mussten 60 bis 80 Prozent verkraften.

(mkl)
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