Spiegelsaal in Schloss Morsbroich L’arte del mondo schöpfen aus dem Vollen

Schlebusch · Endlich mal ein englischer Abend ohne Fortsetzung im Brexit-Drama. Bei Kompositionen aus dem Barock, also der  Zeit vor dem Niedergang des Britischen Empire und der abschätzigen Bezeichnung „Land ohne Musik“, konnte man musikalisch noch aus dem Vollen schöpfen.

 Das Ensemble l‘arte del mondo begeisterte das Publikum im Spiegelsaal in Schloss Morsbroich.

Das Ensemble l‘arte del mondo begeisterte das Publikum im Spiegelsaal in Schloss Morsbroich.

Foto: L'arte del monde/L'arte del Mondo

Und genau das tat Werner Ehrhardt mit seiner neunköpfigen Besetzung von l’arte del mondo am Donnerstagabend im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich.

Nicht nur das erlauchte Ambiente, auch die runde, holzige Akustik kamen der engagierten und durchaus unkonventionellen Spielweise der kammermusikalischen Abordnung des Orchesters für Alte Musik zusätzlich entgegen. Und so wurde der Abend, trotz Hitze und reduzierter Frischluft im ausverkauften Konzert, ausgesprochen erfrischend und belebend. Mit Henry Purcell schlossen die Musiker in voller Stärke das Programm, wie sie es mit dem Deutschland-Export Georg Friedrich Händel begonnen hatten. Sowohl Händels Concerto grosso in D-Dur als auch die Suite aus der Semi-Opera in fünf Akten „The Fairy Queen“ am Ende präsentierte das Steicherensemble mit unglaublicher Spielfreude und ebenso seh- wie hörbarem Vergnügen an Reibungen und Auflösungen, an markanten Akzenten, sowohl berstender Energie als auch feinfühlige Zartheit und zurückgenommenen Klang.

Ganz dem wechselnden Charakter der aufeinanderfolgenden Sätze entsprechend und stets auf Transparenz wie einheitliche Agogik bedacht. Zweimal ungetrübtes Hörvergnügen, das den Rahmen für Werke in kleineren Besetzungen bildete. Thomas Augustine Arne hat als Komponist der inoffiziellen Nationalhymne „Rule Britannia“ in die Geschichte ein, weitaus weniger bekannt ist seine Kammermusik wie die Triosonate op. 3 Nr.1 A-Dur, die von zwei Violinen, Cello und Cembalo mit einem dickflüssigen, wehklagenden Largo eröffnet wurde und das sich endlich in präzisem Stimmengewusel entlud. Emotional empfunden folgte im zweiten Teil Henry Purcells Variationsreihe „Three Parts on a Ground“ für drei Violinen und Basso Continuo.

Am meisten beschäftigt war an diesem Abend die Cembalistin Ada Tanir, die neben den Continuo-Parts auch noch zwei virtuose Soloeinsätze hatte. Nach den belebten Prélude aus den Suiten über Händels Rinaldo von William Babell spielte sie nach der Pause zwei ausdrucksvolle, zurückgenommene Cembalo-Kompositionen des englischen Barockkomponisten Peter Philips, aus denen man deren missliche Entstehungs-Situation heraushören mochte.

Als Katholik musste er seinen persönlichen Brexit vollziehen und landete im Gefängnis von Den Haag, weil man ihn der Teilnahme an einem Komplott genen Königin Elisabeth I. bezichtigt hatte. Aus Mangel an Beweisen wurde er freigesprochen – nachdem er seine mitreißende Pavana & Galliarda Dolorosa für Cembalo komponiert hatte.

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