Kolumbianerin macht Ausbildung bei Lanxess in Leverkusen Tausche Journalismus gegen Chemikanten-Job

Leverkusen · Die Kolumbianerin Laura Alcaraz hat nach dem Studium eine Kehrtwende hingelegt. Jetzt macht sie bei Lanxess im Chempark eine Ausbildung.

 Laura Alcaraz liebt ihren neuen beruflichen Weg, nur mit dem Lebensgefühl hier, das so anders ist als das kolumbianische, hadert sie noch etwas.

Laura Alcaraz liebt ihren neuen beruflichen Weg, nur mit dem Lebensgefühl hier, das so anders ist als das kolumbianische, hadert sie noch etwas.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Am Ende war sie einfach nicht mehr verliebt. Für eine Beziehung für die nächsten 40 Jahre hätte es schlicht nicht gereicht. Laura Alcaraz zögerte nicht lange. Die junge Frau zog die Notbremse. Nicht ungewöhnlich? Im Falle von Laura Alcaraz schon. Es zog sie nicht nur weg von der während des Studiums erloschenen Liebe zum Journalismus, sondern ganz weg aus ihrer Heimat Kolumbien. Jetzt macht die 28-jähirge vom anderen Ende der Welt eine Ausbildung zur Chemikantin im bei Lanxess im Chempark Leverkusen.

Ihr Deutsch sei nicht so gut, sagt sie in ganz hervorragendem Deutsch. „Ich bin eben Perfektionistin.“ Laura sitzt im Blaumann im Ausbildungszentrum im Flittarder Teil des Chemparks und wirkt in sich ruhend. So, als hätte sie sie endlich gefunden, die große berufliche Liebe. „Während des Studiums habe ich gemerkt, dass mir der Journalismus auf Dauer nicht so viel Freude machen würde“, erzählt sie. „Ich habe fertig studiert und musste mich entscheiden: Entweder ich setze noch einen Master drauf oder ich fange von Null an.“ Letzteres ist es geworden. Laura zog im Sommer 2017 von Kolumbien nach Deutschland. Zu ihrem Mann, der schon Jahre zuvor von Kolumbien hergezogen war. „Was ich statt Journalismus machen wollte, wusste ich da noch nicht“, erzählt sie offen. Dann sei ihr eine ganz alte Liebe wieder in den Sinn gekommen: die zu Naturwissenschaften. „In den Fächern war ich in der Schule richtig gut.“

In Kolumbien hatte die heute 28-Jährige einen Deutsch-Kursus absolviert, sattelte in den ersten sechs Monaten in Deutschland eine Intensivschulung drauf. Anfang 2018 bewarb sie sich für einen Ausbildungsplatz als Chemikantin bei Lanxess. „Im März kam die Zusage, im September 2018 habe ich angefangen.“ Der Chemikanten-Beruf sei eine Männerdomäne. „Wir sind drei Frauen und zwölf Männer“, berichtet sie und lacht. „Die Männer sind sehr nett, überhaupt alle. Es herrscht ein richtig gutes Arbeitsklima. Ich hatte vorher vielleicht ein bisschen Vorurteile, dass es ein hartes Umfeld sein könnte.“ Das habe sich nicht bestätigt. Sehr wohl aber, dass der Job genau das Richtige für sie ist, es gebe „ein gutes Gleichgewicht aus Theorie und Praxis“. An Anlagen arbeiten, Proben entnehmen, Prozesse begleiten, miterleben, wie die Automatisierung die Arbeit erleichtert, das sei ihr Ding.

So sehr, dass Laura Alcaraz schon Zukunftspläne für die Zeit nach der Ausbildung schmiedet. „Ich will den Techniker in Vollzeit machen“, sagt die Kolumbianerin mit einer Portion Entschlossenheit in der Stimme. Dafür will sie nach Norddeutschland gehen, die Zusatzausbildung in Hamburg absolvieren. Auch, um wieder die Fernbeziehung zu ihrem Mann zu beenden. Denn dort hat er zwischenzeitlich den nächsten Schritt auf der Karriereleiter ge- und eine gute Stelle angenommen. Derzeit „kommt mein Mann jedes Wochenende nach Düsseldorf, wo ich wohne“, erzählt die Auszubildende. Die 28-Jährige schließt an, dass auch nach drei Jahren die Anpassungsphase noch nicht abgeschlossen hat. „Die Menschen sind hier weniger offen, etwas kühler und auf der Straße manchmal hart zueinander.“ In Kolumbien seien Arbeit und Privatleben weniger streng getrennt als hier. Dafür funktioniere in Deutschland alles, vor allem auch das System. In Kolumbien sei die Schere zwischen arm und reich wesentlich größer, es gebe viel Korruption. „Hier ist die Wirtschaft stark. Das merkt man vor allem in der Corona-Krise. Ich denke, Deutschland muss sich davon nicht so stark erholen wie es andere Länder werden tun müssen.“

In Hamburg Wurzeln schlagen, sollte es mit der Fortbildung zum Techniker dort klappen, möchte sie nicht. „Ich würde sehr gerne später wieder bei Lanxess arbeiten. Hier in NRW, in Leverkusen. Hier kenne ich mich aus.“

Anderen jungen Frauen auf dem Weg in den Beruf empfiehlt Laura Alcaraz, „sich einfach zu trauen, sich den Herausforderungen zu stellen und ein Ziel zu haben. Reine Frauen- und reine Männerjobs gibt es nicht.“ Und sie sagt: „Auch wenn es zwischendurch mal schlechte Tage gibt, ich bin absolut überzeugt von meiner Entscheidung.“

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