Leverkusen Klinikum darf Infektologen ausbilden

Leverkusen · Die Facharztrichtung Infektologe gibt es in Deutschland nicht, dafür am Klinikum nun eine außeruniversitäre Weiterbildung,

Im Winter können Patienten unerbittlich sein - die Nase ist zu, der Rachen schmerzt, erhöhte Temperatur. "Dann fordern Patienten von ihrem Arzt Antibiotika", sagt Prof. Stefan Reuter, Chef der Allgemeinen Inneren Medizin am Klinikum. "Oft ist das Augenwischerei, weil meist Viren den Infekt auslösen - da hilft Antibiotika nicht." Die Einnahme sorgt aber möglicherweise dafür, dass eine Resistenz gegen das Präparat auftritt.

Und: "Heute werden Antibiotika nicht mehr eingenommen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag - die Packung muss nicht immer bis zum Schluss verbraucht werden", betont Reuter: "Um dieses Wissen weiterzugeben - an Ärzte und Patienten -, braucht es Infektologen."

Zu einem solchen kann keine Facharztausbildung einen Nachwuchsmediziner machen. "Denn die gibt es hierzulande nicht", berichtet Reuter. Anderswo aber schon. Etwa in den Niederladen. "Deutschland ist im Hintertreffen", betont der Mediziner.

Um den Rückstand aufzuholen, darf das Klinikum jetzt außeruniversitäre Weiterbildungen zum Infektologen anbieten: eine einjährige Weiterbildung (Ärztekammer) und eine dreijährige zum Infektologen der Deutschen Gesellschaft für Infektologie (DGI).

Letztere hat der Allgemeinen Inneren Medizin jüngst das Zertifikat überreicht, mit dem das Klinikum nun die derzeit einzige außerunivesitäre Einrichtung in NRW ist, die sich zertifiziertes "Zentrum für Infektologie der DGI" nennen darf. Das Ganze ist aber mehr als nur ein weiterer Titel fürs Klinikum. Praktisch bedeutet die Urkunde neben der Weiterbildung von jungen Internisten am Klinikum - und vielleicht später auch von Ärzten umliegender Krankenhäuser - auch dies: fachübergreifende Expertenhilfe.

"Blasenentzündung, Lungenentzündung, Wundinfektion, das sind Probleme, die überall vorkommenkönnen. Heute Morgen hatte ich zum Beispiel drei Anfragen", berichtet Oberärztin Dr. Falitsa Mandraka. Sie gehört neben Reuter zu den drei Ärzten des ABS-Teams (Antibiotic Stewardship), die dann ihren Konsildienst anbieten und ihre Empfehlung zur Problemlösung angeben. Auf der Intensivstation gebe es einmal pro Woche beispielsweise eine infektologische Visite. "Wir verstehen uns als Dienstleister", sagt Mandraka, "das wird von den Kollegen gut angenommen."

Das ABS-Team hat zudem für die Kollegen im Klinikum und bei Interesse auch für andere Krankenhäuser einen Leitfaden zum verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika erstellt. Darin sind Infektionskrankheiten und die von den Experten favorisierte Behandlung (Arznei, Art, Dauer) aufgeführt - etwa bei der Behandlung von MRSA-Keimen. Das soll helfen, Folgekosten durch Komplikationen zu vermeiden.

Aber auch die Patienten sollen weiter eingebunden werden - etwa über Infoveranstaltungen für bestimmte Gruppen wie Senioren oder Diabetiker und praktisch etwa mit den Desinfektionsspendern im Klinikum. "Wir Ärzte müssen Patienten und Besuchern ein gutes Beispiel geben", betont Reuter. Weitere Unterstützung bekommt er dabei ab Herbst: Dann lässt sich ein erster Mediziner am Klinikum zum Infektologen ausbilden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort