Leverkusen Klinik: dramatisch viele "Alkoholleichen"

Leverkusen · Allein an Weiberfastnacht mussten 30 stark alkoholisierte Jugendliche vom Klinikum-Team behandelt werden.

 Hohen Arbeitsanfall: Heinz-Peter Groneck und Petra Tenert, Leiterin der Kinderambulanz, mussten an Weiberfastnacht mehr betrunkene Jugendliche behandeln als an allen Karnevalstagen der vergangenen Session.

Hohen Arbeitsanfall: Heinz-Peter Groneck und Petra Tenert, Leiterin der Kinderambulanz, mussten an Weiberfastnacht mehr betrunkene Jugendliche behandeln als an allen Karnevalstagen der vergangenen Session.

Foto: Hoffmann

Die Bilanz des ersten Karnevalstages lässt Böses ahnen: Wurden im vergangenen Jahr an Karneval insgesamt 28 Jugendliche im Klinikum behandelt, waren es allein beim diesjährigen Altweiber-Donnerstag bereits 30. "Es war enorm viel los. Ich befürchte, dass in diesem Jahr die Zahlen wieder steigen werden", bestätigt Kinderklinik-Leiter Prof. Heinz-Peter Groneck, der mit seinem Team alle Hände voll zu tun hatte. Vorsorglich wurden bereits am Mittwoch Zusatzbetten bereitgestellt.

Alarm in Schlebusch-Mitte: Die Rettungskräfte bauten auf der Bergischen Landstraße eine Erstversorgungsstation für Betrunkene und andere auf.

Alarm in Schlebusch-Mitte: Die Rettungskräfte bauten auf der Bergischen Landstraße eine Erstversorgungsstation für Betrunkene und andere auf.

Foto: malteser

Diese Voraussicht zahlte sich aus: Von den 30 eingelieferten Jugendlichen mussten die allermeisten stationär behandelt werden. "Für uns bedeutet ein solcher Ansturm Doppelschichten", sagt Groneck. Drei Ärzte und vier bis fünf Schwestern seien permanent im Einsatz gewesen. Hinzu kämen noch die Mitarbeiter vom Sozialdienst. "Unsere Leute vom Klinikum wechseln sich mit den Kollegen vom Jugendamt ab. Es steht immer jemand für Gespräche mit den Eltern zur Verfügung", betont der Klinikchef. Es sei wichtig, nicht nur medizinisch zu behandeln, in vielen Fällen zeige ein Termin bei der Suchtberatung deutlich nachhaltigere Wirkung.

Des Weiteren warnt Klinik-Leiter Groneck: "Wer Alkohol in diesen Mengen konsumiert, setzt sich einer ernstzunehmenden medizinischen Gefahr aus." Jugendliche die unterkühlt und unterzuckert eingeliefert würden, seien keine Seltenheit. "Durch den Alkohol öffnen sich die Poren und man kühlt schneller aus. An Weiberfastnacht hatten wir mehrere Patienten, die nur noch eine Körpertemperatur von 35 Grad hatten." Bei starken Unterzuckerungen helfe in vielen Fällen nur noch eine Infusion.

Das Durchschnittsalter der behandelten Jugendlichen lag an Weiberfastnacht bei 16 Jahren, im vergangenen Jahr waren die meisten Patienten 15 Jahre alt. Waren es vor einigen Jahren noch häufiger alkoholisierte Jungen, seien inzwischen beinahe ebenso viele Mädchen betroffen. "Die jüngste Patientin war gerade 14 Jahre alt — das ist erschreckend", sagt Groneck. Der registrierte Höchstwert lag am Donnerstag bei drei Promille — "der 16-Jährige war schwer komatös".

Der Straßenkarneval an Altweiber entwickelte sich auch für die Feuerwehr zum "Großkampftag". Am Lindenplatz in Schlebusch musste sogar kurzfristig mit Hilfe des Katastrophenschutzes eine Unfallhilfestelle aufgebaut werden. "Es war deutlich mehr los als in den Jahren zuvor. Die Hilfestelle ist eigentlich nur für die Umzüge geplant", berichtet Feuerwehr-Chef Hermann Greven. Nicht nur Betrunkene wurden an der Nothilfestelle (Oulustraße/Hammerweg) behandelt, auch Opfer von Schlägereien wurden erstversorgt.

"Es ist zwar keine Katastrophe ausgebrochen, aber wir haben die Hilfsorganisationen gerufen. Die Malteser aus Langenfeld waren auf dem Rückweg aus Ratingen und wurden direkt eingebunden", sagt Greven, der froh ist, dass so viele Helfer zur Verfügung standen. "Gerade in der Ecke ist es in den vergangenen Jahren immer schlimmer geworden. Am Lindenplatz konzentriert es sich, während es im restlichen Stadtgebiet ruhiger ist." Über 120 Rettungsdienst-Einsätze kamen im Stadtgebiet zusammen. Für die nächste Session regt er an, dass nicht nur bei den vier Karnevalszügen eine feste Hilfestelle eingerichtet wird. "Bei den Zügen ist alles eingespielt. Unserer Meinung nach, sollte man das auch für Weiberfastnacht einplanen."

Insgesamt waren neun Fahrzeuge und 35 Kräfte im Einsatz.

(RP)
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