Leverkusen Kirchners Fotos auf gebürstetem Stahl

Leverkusen · In der Konzernzentrale von Bayer hängen jetzt zwei Skiagrafien des Düsseldorfer Künstlers Mischa Kuball.

 Mischa Kuball hat die Skiagrafien nach Kirchner angefertigt und überzeugte sich jetzt selbst von der Platzierung der Werke in der Konzernzentrale, die die Sammlung Bayer bereichern sollen.

Mischa Kuball hat die Skiagrafien nach Kirchner angefertigt und überzeugte sich jetzt selbst von der Platzierung der Werke in der Konzernzentrale, die die Sammlung Bayer bereichern sollen.

Foto: Uwe Miserius

Der Künstler ist rundum zufrieden. "Ich finde, es hängt gut", lautet das Urteil von Mischa Kuball. Bei der offiziellen Übergabe von zwei seiner neueren Fotoarbeiten sah er sich die Wirkung seiner Skiagrafien nach Kirchner am neuen Platz in der zweiten Etage der Bayer-Konzernzentrale an. Bayer hat die Arbeiten gekauft, um die eigene Kunst-Sammlung zu ergänzen. Kein Spot, nur die ganz normale Raumbeleuchtung, das ist ganz in Kuballs Sinne, denn "die Bilder holen sich das Licht selber." Und so verändert sich auch der räumliche Eindruck, wenn der Betrachter sich bewegt. Und der muss genau hinschauen, wenn er erkennen will, was auf diesen vermeintlich abstrakten Schwarz-Weißabzügen wirklich zu erkennen ist.

Die Mitarbeiter in den Büros ringsum wissen bereits mehr. Bayer-Kunsthistorikerin Andrea Peters hat alle vorab über die Neuzugänge informiert. Bei der Hängung blieben viele interessiert stehen und es ergaben sich erste Gespräche. Austausch und Kunstvermittlung, genau das soll die moderne Kunst auf den Fluren eines Wirtschaftsbetriebes bewirken. "Ein gutes Investment", sagt Thomas Helfrich, Leiter von Bayer Kultur, überzeugt. Die Wahl fiel nicht zufällig auf den Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball, der im vergangenen Jahr mit seinen Studierenden der Kölner Kunsthochschule für Medien in der Reihe "Kunsthochschulen zu Gast" für einige Wochen das Erholungshaus bespielte - und fast parallel im Museum Morsbroich ausstellte. Vor allem passte es inhaltlich, denn Kuball nimmt in seiner Werkreihe "Light on Kirchner", die letztes Jahr eine ganze Ausstellung im Kirchner-Museum Davos füllte, Bezug auf den Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner. Dessen Werk ist in der Sammlung Bayer gut vertreten, einige der klassischen Arbeiten hängen in angemessener Entfernung den Fotoarbeiten Kuballs gegenüber.

Die beiden Fotodrucke auf gebürstetem Stahl entstanden nach Fotografien von Kirchner, die man erst darin erkennt, wenn man weiß, dass Kuball sie auf die Seite gelegt hat. Die Ursprungsbilder, die in Davos als Glasnegativ in einer Glasvitrine gezeigt wurden, werden künftig im Dunstkreis der künstlerischen Arbeit gezeigt. Das macht den Zugang einfacher. "Wenn wir auf den expressionistischen Maler und Zeichner Kirchner sehen, dann in der Langsamkeit dieser Techniken", erläutert Kuball.

Tatsächlich hat Kirchner auch fotografiert, nicht mit künstlerischem Anspruch, sondern um den flüchtigen Moment festzuhalten. 1600 Glasnegative seien erhalten, von denen bis vor einigen Jahren niemand wusste. Um sie nicht zu zerstören, mussten sie mit aufwendigen Scanverfahren gesichert, archiviert und katalogisiert werden. Entstanden sind Porträts und Landschaftsaufnahmen vor allem während Kirchners Zeit in Davos. Er war ein weicher, sensibler Charakter und mit dem Leben nicht im Reinen. Als Hypochonder fand er im geschützten Raum der Sanatorien seinen Rückzugsort.

Die Sammlung Bayer, die in den vergangenen Jahren vor allem Arbeiten jüngerer Künstler angekauft hatte, soll künftig unter konzeptionellen Gesichtspunkten ergänzt werden, erläutern Helfrich und Peters die neue Strategie. Wie in diesem Fall sollten es Arbeiten sein, die sich auf die Klassiker im eigenen Bestand beziehen.

(mkl)
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