Petra Schütz Vom Deutschen Kinderschutzbund Kinder niemals in einen Partnerkonflikt hineinziehen

Leverkusen · Zwischen den Fronten: Kinder im Scheidungskrieg leiden besonders.

 Petra Schütz vom Deutschen Kinderschutzbund rät, Kinder bei einer Trennung nicht in einen Loyalitätskonflikt zu stürzen.

Petra Schütz vom Deutschen Kinderschutzbund rät, Kinder bei einer Trennung nicht in einen Loyalitätskonflikt zu stürzen.

Foto: Matzerath

Langenfeld/Monheim Die Zahl der Scheidungen in Leverkusen geht zurück: Gab es im Jahr 2014 noch 539 Scheidungsverfahren, lag die Zahl der Scheidungen im vergangenen Jahr "nur noch" bei 445. Doch eins bleibt: Fast immer sind Kinder bei einer Trennung die Leidtragenden - wie Petra Schütz vom Deutschen Kinderschutzbund im Interview bestätigt.

Frau Schütz, wie schaffen Eltern es, dass ihre Kinder bei einer Trennung nicht zwischen die Fronten geraten?

Schütz Die Eltern sollten sehen, dass die Kinder darunter leiden, wenn sie sie mit in den Konflikt hineinziehen, und dass die Kinder dadurch extrem belastet werden können. Gegenseitige Beschuldigungen und negative Zuschreibungen des Ex-Partners sollten vermieden werden, denn meistens lieben die Kinder beide Elternteile. Eltern sollten deshalb versuchen, die Paar- und die Elternebene so schnell wie möglich voneinander zu trennen und die eigenen Emotionen möglichst nicht auf die Kinder zu übertragen.

Das ist gerade am Anfang besonders schwierig...

Schütz Das kann man auch nicht sofort von den Beteiligten verlangen. Man kann den Kindern jedoch erklären, dass man als Elternteil gerade aus dem Gleichgewicht geraten ist und auch schon einmal komisch reagiert durch die Situation. Aber irgendwann muss klar werden, dass die Kinder wieder in den Fokus kommen. Sie haben sich die Situation ja nicht ausgesucht.

Wie erklärt man einem Kind die Trennung?

Schütz In Beratungen empfehle ich immer, dass die Eltern den Kindern zusammen sagen, dass sie sich trennen wollen, weil sie sich nicht mehr verstehen. Sie sollten ihnen auch deutlich sagen, dass beide immer für sie da sind. Dennoch wird die Traurigkeit bleiben, denn für viele, insbesondere jüngere Kinder ist es unvorstellbar, dass das Mama-Papa-Kind-System auseinanderbrechen kann.

In manchen Fällen geht gar nichts mehr, weil die Eltern nicht mehr miteinander reden. Was dann?

Schütz Das Gericht versucht, die Eltern an eine Beratungsstelle anzubinden, damit sie wieder miteinander reden. Bei sogenannten hochkonflikthaften Trennungssituationen, wo Eltern so verfeindet sind, dass nichts mehr geht oder Gewalt im Spiel ist, gibt es den begleiteten Umgang. Das heißt, die Kinder können ihren Papa oder ihre Mama in Begleitung einer neutralen Person sehen. Die Zeit dient auch dazu zu schauen, wie die Beziehung zu den Kindern ist. So kommt auch das Kind wieder in den Fokus. Wir müssen viel mit den Eltern sprechen, damit die Kinder nicht in einen Loyalitätskonflikt geraten, wenn sie bei einem Elternteil sind.

Wie kann sich dieser äußern?

Schütz Viele Kinder glauben, die Mama oder den Papa zu verraten, wenn es zu dem jeweils anderen geht, und sagen dann das, was der jeweils andere hören will. Uns sagen diese Kinder manchmal auch, dass sie einen Elternteil nicht sehen wollen, um den anderen nicht zu verletzen. Wir spüren, dass das eigentlich nicht stimmt, und versuchen zu vermitteln.

Viele Eltern bereden die Konflikte mit den Kindern. Was halten Sie davon?

Schütz Eltern sollten ihre Kinder nicht mit ihren Beziehungsproblemen belasten, über den Partner herziehen und die Kinder als Ersatzpartner benutzen. Das wäre eine Parentifizierung. Die Kinder dürfen diese Verantwortung nicht haben, sie sollten ihre Kinderrolle behalten.

Gibt es Altersstufen, in denen eine Trennung leichter fällt?

Schütz Pubertierende oder junge Erwachsene reagieren meistens heftiger als Kleinkinder oder junge Kinder. Jugendliche sind gerade dabei, ihren eigenen Weg zu gehen und Beziehungen zu knüpfen. Sie fallen deshalb oftmals in ein größeres Loch, weil das sichere System weg ist, das sie kennen.

Sollten Eltern sich in dieser Zeit besser nicht trennen?

Schütz Nein, ich bin immer für einen klaren Schlussstrich. Mit den Jugendlichen sollte man reden. Wir bieten auch das Gespräch mit uns in der Beratung an. Es gibt auch für Kinder und Jugendliche eine Schweigepflicht bei uns.

VIOLA GRÄFENSTEIN STELLTE DIE FRAGEN,

(RP)
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