Corona-Lage in Leverkusen Inzidenz 402,7 – Stadt richtet Impfstelle ein

Leverkusen · Kritik an der Vakzinzuteilung, Appell zur Booster-Impfung als Wellenbrecher, 3G beim Termin im Rathaus notwendig: die Corona-Lage in Leverkusen.

 Noch ist nichts zu sehen: Aber bis Ende kommender Woche soll die neue Impfstelle der Stadt in den Luminaden eingerichtet sein.

Noch ist nichts zu sehen: Aber bis Ende kommender Woche soll die neue Impfstelle der Stadt in den Luminaden eingerichtet sein.

Foto: Uwe Miserius

Orthopäde Alexander Müller muss sich ans Telefon klemmen, um für kommende Woche vereinbarte Impftermine wieder abzusagen. „Mit 50 Patienten sind Termine vereinbart, dafür war ausreichend Impfstoff bestellt“, sagt der Schlebuscher Arzt. „Bekommen werde ich für nächste Woche exakt Vakzin für 16 Leute, ein Vial Biontech für sechs Dosen, eines mit Moderna für zehn Dosen.“ Müller ist sauer auf die Politik. „Da fordert NRW-Gesundheitsminister Laumann auf, Ärzte sollen impfen, impfen, impfen. Und dann hapert es so dermaßen bei der Verteilung des Impfstoffs.“ Dass derzeit nicht immer das ankommt, was sie für Leverkusener Mediziner im Großhandel bestellt, bestätigt auch Apothekerin Jana Klinkenberg von der Adler-Apotheke in Schlebusch. „Wir bekommen wöchentlich vom Verband festgesetzte maximale Bestellmengen für die folgende Woche. Das läuft über einen Verteilschlüssel.“ Weil das Thema Booster-Impfung nun aber in aller Munde sei, bestellten bundesweit sehr viele Ärzte. Ergebnis: Das, was bestellt wird, kommt noch lange nicht an. „Von den mehr als 100 Vials Biontech, die bestellt wurden, kriegen wir für die kommende Woche nicht mal ein Viertel. Dass da Unmut bei den Medizinern aufkommt, ist klar.“ Und auch wenn es immer heiße, Moderna sei unbegrenzt bestellbar: „Auch da bekommen wir fast stündlich neue Informationen“, ergänzt Klinkenberg. Für die übernächste Woche darf jeder Arzt fünf Vials Biontech bestellen, macht 30 Dosen. Aber ob die tatsächlich auch kommen, bleibt offen“, beschreibt die Apothekerin die aktuelle Lage.

Und auch sonst schlägt die vierte Pandemiewelle in Leverkusen derzeit hohe Wellen. Was die Inzidenz betrifft sogar die höchsten in NRW. Der Wert passiert am Freitag die 400er-Marke.

Inzidenz Sie liegt bei 402,7 – Negativrekord in NRW. Die Ursachen sieht Amtsarzt Martin Oehler in diesen Punkten: „Die Grund­immunisierung liegt bei 70 Prozent. Das heißt, 30 Prozent sind völlig ungeimpft. Das ist viel zu viel. Dazu kommen die Saison, die Infekte begünstigt und die Herbstferien, in denen eine große Infektionskette losgetreten wurde. Zudem läuft bei denen, die zu den ersten Geimpften gehören, der Impfschutz aus, Impfdurchbrüche tauchen auf, teils um die 36 Prozent. Alles zusammen genommen führt zu einer Entwicklung, wie wir sie jetzt haben.“

Schulen/Kitas 45 Schüler und zwei Mitarbeiter sind corona-positiv, 17 Schulen sind betroffen. In städtischen Kitas sind sieben Kinder und eine Mitarbeiterin erkrankt. Eine Maskenpflicht an Schulen wird es vorerst nicht geben. Schuldezernent Marc Adomat berichtet von mehreren Anfragen beim NRW-Gesundheitsministerium, die abschlägig beschieden worden seien. „Viele Schüler haben die Zeichen der Zeit erkannt und tragen freiwillig Maske“, merkt er an. Der Inzidenzwert für Kinder im Kita-Alter liegt derzeit bei 291,4, der für Grundschüler bei 1214,4. Dass Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren in naher Zukunft geimpft werden können, ordnet Martin Oehler positiv ein. „Das wird auf die Gesamtentwicklung einen riesigen Effekt haben.“ Die Stadt bereite die Impfkampagne gerade vor.

Impfen Was jetzt helfe, die vierte Welle zu brechen, sei das Booster-Impfen, betont Oehler. „Dessen Wirkung tritt nach zehn bis 14 Tagen ein, bei der Grundimmunisierung geht es nicht so schnell, zwischen den beiden Impfungen liegen mehrere Wochen.“ Für beides: die Grundimmunisierung und die Auffrischung habe die Stadt mittlerweile ein komfortables Angebot geschaffen.

Und sie erweitert es um eine stationäre Möglichkeit. In den Luminaden richtet sie mit den Maltesern eine Impfstelle im leerstehenden Ladenlokal neben der Techniker-Krankenkasse (1. Obergeschoss) mit drei Impfkabinen ein. Derzeit werde in den Räumen dafür umgebaut, berichtet Gesundheitsdezernent Alexander Lünenbach. „Wir wollen am 6. Dezember beginnen.“ Dann gebe es drei stationäre Impfstellen in der Stadt: Luminaden in Wiesdorf, Klinikum/MVZ in Schlebusch, Praxis Klünsch in Opladen, die Angebote in den Stadtteilen durch das Impfmobil, die im Dezember startenden Impfangebote in vier Sparkassen-Filialen und das der Schwerpunktpraxen und niedergelassenen Ärzte, fasst Oehler zusammen. „Wir müssen nur dazu kommen, dass die Leute das Angebot auch rege nutzen, nur so können wir die vierte Welle brechen.“

Bisher haben 73,2 Prozent der Leverkusener eine Erst-, 71,6 Prozent eine Zweitimpfung. 10,3 Prozent haben sich schon den Booster-Piks abgeholt, „das ist deutlich über dem Landes- und Bundesschnitt“, betont Oehler.

Krankenhäuser Im Klinikum werden 18 Covid-19 Patienten behandelt, sechs liegen auf der Intensivstation, „alle sechs sind kritisch krank, wir gehen nicht davon aus, dass es alle schaffen werden“, berichtet Utz Krug, Ärztlicher Direktor des Klinikums. Im Gesundheitspark sind seit Mittwoch, als die beiden Impfstellen an den Start gingen, pro Tag 200 Dosen verimpft worden, ab kommender Woche sollen es 300 sein. Sowohl Klinikum als auch Remigius-Krankenhaus verschärfen die Regeln für Besucher: Ab sofort muss jeder zum Besuch einen Test (Schnelltest nicht älter als 24 Stunden, PCR-Test maximal 48 Stunden) vorlegen. Ausnahme: eine Begleitperson bei der Notfallaufnahme. Für Patienten, also auch jene, die zur ambulanten Versorgung kommen, gelte die Regelung nicht.

Verwaltung Auch die Stadt zieht die Zügel an. Für Besucher und Mitarbeiter gilt 3G. Laut Marc Adomat gibt es Einlasskontrollen. Um einen gleichmäßigen Informationsfluss hinzukriegen, wird das Gesundheitsamt ab sofort Infizierte per Ordnungsverfügung informieren.

Arbeitgeber Unternehmer Dirk Emmerich als Vertreter des ständigen Wirtschaftsausschusses der IHK bekräftigt am Freitag: „Die Firmen wollen die Impfbereitschaft der Belegschaft fördern, gleichzeitig aber dafür sorgen, dass dadurch keine Spaltung der Belegschaft entsteht. Wir haben schon bemerkt, dass die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, seit der Einführung der neuen bundesweiten Corona-Regeln deutlich zugenommen hat.“ Er appelliert daran, dass vor lauter Impf-Euphorie die Unternehmen aber weiter ans Einhalten der AHA-Regeln denken.

 Orthopäde Alexander Müller

Orthopäde Alexander Müller

Foto: Alexander Müller

Weihnachtsmärkte. Die Betreiber von Christkindchenmarkt und Bergischem Dorf haben ein Armband-System eingeführt. Wer, vor allem an den Verzehrständen, auf 2G kontrolliert wurde und Impf-/Genesenennachweis und Personalausweis vorgezeigt hat, bekommt ein Bändchen und muss dann für den weiteren Marktbesuch nicht nochmal kontrolliert werden. „Wir haben bisher 10.000 Bänder ausgegeben“, berichtet Axel Kaechele (Christkindchenmarkt). Besucher nähmen das gut an. Dirk Pott (Bergisches Dorf): „Das ist wie ein Mitgliedschaftsband.“ Die sporadischen Kontrollen seien gar nicht so sporadisch. Wenn viel los sei, werde ungefähr jeder dritte kontrolliert, sei weniger los, jeder, merkt Kaechele an. Klar, Es sei Angst da, dass die Märkte wieder schließen müssen. „Aber wir tun alles dafür, dass sie offen bleiben können“, betont Pott.

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