Leverkusen Inklusion - traurige Bilanz im ersten Jahr

Leverkusen · Was läuft gut nach einem Jahr schulischer Inklusion? Wo muss nachgebessert werden? Was bedeutet das neue Gesetz für die Zukunft der Förderschulen? Yvonne Gebauer (MdL) stellte der Landesregierung ein schlechtes Zeugnis aus.

 Landtagsabgeordnete Yvonne Gebauer.

Landtagsabgeordnete Yvonne Gebauer.

Foto: UM

Eine Mindestschülerzahl für Förderschulen ist nicht mit dem neuen Schulgesetz vom Landesparlament in Düsseldorf beschlossen worden, die Politik habe nicht einmal darüber diskutieren können. Das verriet die FDP-Landtagsabgeordnete, Sprecherin für Schule und Weiterbildung in ihrer Fraktion, Yvonne Gebauer bei einer Veranstaltung in Leverkusen über Erfahrung mit der Umsetzung von Inklusion. Diese Schülerzahl, derzeit 144, deren Unterschreitung zur Schulschließung führt, könne Sylvia Löhrmann per Verordnung bestimmen und nach Ermessen verändern.

Das sei eine der Stellschrauben, an denen die grüne Ministerin drehen könne, um ihrem Idealziel näher zu kommen: "einer Einheitsschule für alle", behauptet Gebauer. Per Salamitaktik versuche Löhrmann dies zu erreichen. "Ich bin für Inklusion und für die Wahlfreiheit der Eltern zum Wohle des Kindes", betonte Gebauer zwar. Aber das, was jetzt seit Inkrafttreten des Gesetzes vor einem Jahr in den Schulen laufe, sehe sie mit Entsetzen. Das Kindeswohl werde dabei oftmals außer Acht gelassen. "Das war nicht der Auftrag der UN-Behindertenkonvention," sagte sie. Bei ihren Schulbesuchen in NRW treffe sie häufig ähnliche Situationen an. Alle stöhnten unter der Mehrbelastung bei fehlender Ausstattung, räumlich wie personell. Man habe den zweiten Schritt vor dem ersten getan. Gelder für behindertengerechte Umbauten seien viel zu spät bewilligt worden. Weil Verfahren mit Ratsbeschlüssen und Ausschreibungen ihre Zeit brauchten, sei das Geld noch nicht abgeflossen. "Jetzt sagt Frau Löhrmann: So schlimm kann es also nicht sein." Das sei absolut unfair den Kommunen gegenüber.

Viel schwerer wiegt für Gebauer die mangelhafte personelle Ausstattung und der Umgang mit den Schulen, die von oben angewiesen seien, Eltern zugunsten der Regelschulen zu beraten. Neuerdings dürften auch nicht mehr die Schulen sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind anfordern, sondern die Eltern. "Viele tun es nicht, gerade wenn es um die Bereiche Lernen oder soziale und emotionale Entwicklung geht. Das ist ganz im Interesse des Schulministeriums, das die Zahl der Förderschüler drücken will, weil es viel zu wenig Sonderpädagogen gibt, um die Schulen in der Fläche zu versorgen", meint Gebauer. Der Mangel werde per Sonderpädagogen-Hopping verwaltet. Die FDP-Politikerin beschrieb einige Beispiele aus der Praxis, wo Kinder mit Förderbedarf in den letzten Reihe säßen und abschalteten. Oft gebe es keine zweite Kraft in Inklusionsklassen, Lehrer könnten sich bei 30 Schülern nur um den großen Mittelblock kümmern. Da fehle nicht nur die Förderung der schlechten Schüler, sondern auch der überdurchschnittlich guten, meint Monika Ballin-Meyer-Ahrens, die als Leverkusener FDP-Sprecherin mitdiskutierte.

"Inklusion ist zum ideologischen Kampfbegriff geworden", kommentierte ein betroffener Lehrer im Publikum. Da saßen weitere Kollegen und Eltern, die von schlechten Erfahrungen mit dem holprigen Inklusionsstart berichteten.

Unter anderem gehörte dazu eine Lehrerin, die viele Jahre sehr gut inklusiv gearbeitet habe und nun feststellen müsse, dass überall zu Lasten der Kinder gespart werde. Doch gemurrt werde offenbar nicht öffentlich. "Wir haben eine unabhängige Beratung gefordert", sagte die FDP-Abgeordnete für ihre Fraktion, die das Kindeswohl an erster Stelle sehe, wie sie behauptete. Die Lage spitze sich zu, wenn das Land 2016 auch noch Inklusion für Berufsbildende Schulen beschließe, sagte die Politikern voraus.

(mkl)
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