Wirtschaft in Leverkusen Industrie plant Alternativen zu Erdöl

Leverkusen · Covestro nutzt CO2 als Rohstoff und produziert daraus Matratzen. Pflanzliche Biomasse wird als Ersatz für fossile Brennstoffe verwendet.  

 Covestro baut 20 Prozent CO 2  in eine Schaumstoff-Komponente ein. Die Anlage in Dormagen hat eine Kapazität von 5000 Tonnen pro Jahr.

Covestro baut 20 Prozent CO 2 in eine Schaumstoff-Komponente ein. Die Anlage in Dormagen hat eine Kapazität von 5000 Tonnen pro Jahr.

Foto: Covestro

Der Juli und August, sagt die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), sind in Deutschland die Zeit der Erdölsubventionen. „Wenn die deutschen Bauern in diesen Tagen die Ernte einbringen, geschieht das fast komplett mit fossilen Brennstoffen: Rund 1,6 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff verbrauchen Deutschlands Landwirte pro Jahr. Dessen Einsatz schlägt mit 450 Millionen Euro pro Jahr an Steuerausfällen zu Buche.“ Begründet würden die Subvention des Agrardiesels im Regierungsbericht zu Subventionen unter anderem mit dem Ziel einer unabhängigen Versorgung. Die Agentur für Erneuerbare Energien sieht das anders, sagt: „Wegen der falschen Anreize für fossilen Kraftstoff setzen bisher nur ganz wenige idealistische Landwirte auf nachhaltig erzeugte Biokraftstoffe in ihren Traktoren.“

Ähnliche „Steuergeschenke gebe es beim Flugbenzin. Erneuerbare Energien statt Erdölverbrauch – die AEE sieht das noch nicht. Sähe aber vielleicht Erfreuliches, wenn sie nach Skandinavien schaute. Dort ist bereits eine Matratze auf dem Markt,  in der ein besonderer  Rohstoff steckt: das Treibhausgas Kohlendioxid, CO2.

„Nachhaltige Rohstoffe aus Pflanzen und CO2 kommen für die Herstellung von chemischen Produkten zunehmend als Alternative zu Erdöl in Frage“, heißt es von Kunststoffhersteller Covestro, der die CO2-Rohstoffnutzung für die Matratzenproduktion ersann. Und mit einem positiven Fazit vom Rohstoffgipfel an der TU Berlin (Schirmherrschaft: Bundesforschungsministerium) zurückkehrte. „Unternehmen und Investoren sowie Wissenschaft und Politik sehen hier vielversprechende Perspektiven. Die Teilnehmer riefen dazu auf, Entwicklung und Einsatz nicht-fossiler Ressourcen weiter voranzutreiben, um die Chemie nachhaltiger und klimafreundlicher zu machen“, berichtet  Covestro.

Und die Leverkusener sind nicht die Einzigen, die Alternativen zum Erdöl suchen: Deutschland habe, so sagt der Konzern, eine führende Rolle „als Innovationsstandort für alternative Rohstoffe in der Chemie- und Kunststoffindustrie“. Eine Vielzahl  neuer Produkte auf Basis von pflanzlicher Biomasse und CO2 seien  in der jüngsten Zeit auf den Markt gebracht worden. Das  bestätigt auch Georg Schütte, Staatsekretär im Bundesforschungsministerium: „Die Energie- und Rohstoffwende gehört zu den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Deutschland will und muss zeigen, dass dieser Veränderungsprozess gelingen kann und dabei unser Wohlstand erhalten bleibt.“

Das Ministerium unterstütze den Ersatz fossiler Rohstoffe durch gezielte Forschungsförderung im Bereich der Bioökonomie und der Nutzung von CO2. „So sichern wir auch unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit.“

Der neue Covestro-Chef Markus Steilemann ergänzt: „Wir brauchen ein geeignetes Innovationsklima mit mehr Mut auch zum Risiko.“  Das Risiko ist Covestro, damals noch Bayer MaterialScience,  offenbar bereits vor Jahren gegangen, sagt der neue NRW-Chef des Unternehmens, Daniel Koch, und plaudert aus dem Nähkästchen: „Vor fast 25 Jahren habe ich schon an dem Thema CO2 als Rohstoff gearbeitet. Damals habe ich mir die Zähne daran ausgebissen.“ Es sei gut, dass die „Dream Production“, so der Titel des CO2-Matratzen-Projekts bei Covestro, nun kommerzialisiert sei. „So bleibt auch unsere Anlage am Laufen.“

Und vielleicht schlafen Koch und Steilemann demnächst selbst auf CO2-Matratzen, in denen ein Stück Covestro steckt.

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