Leverkusen Hochhaus-Abriss im Zeitraffer

Leverkusen · Um den scheibchenweisen Abriss des Bayer-Hochhauses für die Nachwelt festzuhalten, hat Betriebsprüfer Ingo Dorn jeden Tag ein Foto aus seinem Bürofenster gemacht. Der Abriss stimmt den Opladener melancholisch.

Leverkusen: Hochhaus-Abriss im Zeitraffer
Foto: Miserius, Uwe

Seit März verschwindet das Bayer-Hochhaus Stück für Stück aus der Skyline der ChemieStadt. Von der ehemaligen Bayer-Konzernzentrale ist nicht mehr viel übrig, der 122-Meter-Koloss bald dem Erdboden gleichgemacht. "Für mich war das Bayer-Hochhaus immer eine besondere Attraktion", sagt Ingo Dorn, Betriebsprüfer beim Leverkusener Finanzamt. Er ist mit dem Konzern groß geworden.

 Ingo Dorn vor dem deutlich geschrumpften W1. Den größten Teil des Abbruchs hielt er in Bildern fest.

Ingo Dorn vor dem deutlich geschrumpften W1. Den größten Teil des Abbruchs hielt er in Bildern fest.

Foto: Dorn (5), Miserius

"Mein Vater hat bei Bayer gearbeitet. Bayer war immer ein Garant für Lebensqualität", erzählt der 57-Jährige. Ein halbes Jahr lang blickte der Opladener von seinem neuen Büro im Finanzamt an der Marie-Curie-Straße direkt auf die ehemalige Bayer-Konzernzentrale. Dann begann der Abriss — scheibchenweise.

Freie Sicht auf den Rhein

Um das Stadtbild mit Bayer-Hochhaus auch für die Nachwelt festzuhalten, hat der Betriebsprüfer von März bis Anfang August fast täglich ein Foto aus seinem Bürofenster, von dem aus er neben Bayer-Hochhaus auch Kölner Dom und Colonius sehen kann, gemacht. "Meine Digitalkamera liegt immer auf meinem Schreibtisch. Ich fand die Idee als Zeitdokument ganz gut", sagt er.

Immer, wenn die Lichtverhältnisse gut waren, drückte Dorn auf den Auslöser: "Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht — etwa, ich hätte den ganzen Tag nur aus dem Fenster geschaut", betont der 57-Jährige und lacht. "Ich habe meinen Dienst getan."

Ein knappes halbes Jahr später ist von dem Hochhaus nicht mehr viel übrig: "Das Bayer-Hochhaus ist fast abgerissen. Jetzt habe ich wieder freie Sicht auf den Rhein", sagt der Opladener, der in seiner Freizeit gerne mit Ehefrau Conchi Tandem fährt und wandert. Spurlos vorbei geht der Abriss an dem gebürtigen Leverkusener nicht: "Ich bin schon ein bisschen traurig, dass das Bayer-Hochhaus nicht mehr da ist."

Er könne sich noch genau daran erinnern, als der Haus-Riese für mehrere Wochen mit einer Folie in eine Aspirinverpackung verwandelt gewesen sei: "Das war schon was ganz Besonderes", sagt Ingo Dorn.

Ende Februar wurde neben der ehemaligen Bayer-Konzernzentrale ein Spezialkran aufgebaut, der in der ersten Phase gut 170 Meter hoch war. Anfang März begann dann der Abschied vom Hochhaus W 1. Per Nassschneideverfahren wurde mit Sägeblättern von bis zu zwei Metern Durchmesser ein Etagenboden in rund 15 zwölf mal acht Meter große Platten zerteilt. Die wurden am Kran befestigt, der sie einzeln über die Kaiser-Wilhelm-Allee zur Ablagestelle auf dem Parkplatz gegenüber des Baykomm schwenkte. Auftakt zum Abriss. Der läuft gut, wie Bayer gestern auf RP-Anfrage betonte. Die Kölner Firma Harzheim, die mit dem Abbruch betraut ist, liegt "gut im Zeitplan", wie Bayer-Sprecher Roland Ellmann berichtete. An der ursprünglichen Zeitschiene — im Frühjahr 2013 ist alles fertig — halte Harzheim aber vorerst fest.

Jetzt muss Dorn sich wohl ein anderes Motiv suchen: "Ich fotografiere alles, was mir vor die Linse kommt", sagt er. Auf seinem heimischen PC habe er mehr als 30 000 Fotos. "Auch bei Facebook habe ich zwei Abriss-Fotos eingestellt. Mal gucken, wie die ankommen."

(RP/jco)
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