Prozess Heiße Spur führt nach Leverkusen im Prozess um Computer-Betrug

Leverkusen/Wuppertal · Der 25-jährige Leverkusener, der zurzeit in Paderborn wegen seiner mutmaßlichen Verstrickung in einen Computer-Betrug vor Gericht steht, ist möglicher Weise kein unbeschriebenes Blatt. Das zeigt der Verlauf der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Paderborn.

Wie berichtet, wird dem Leverkusener vorgeworfen, einem mitangeklagten 26-Jährigen aus Bad Driburg so genannte Phishing-Seiten zur Verfügung gestellt zu haben, die dieser zum Ausspähen fremder Kreditkartendaten genutzt hatte.

Der Leverkusener schweigt dazu. Sein Computer, der bei einer Hausdurchsuchung neben einem gefälschten Pass und reichlich Bargeld beschlagnahmt wurde, bleibt gesperrt, weil er den Behörden das Passwort nicht nennen will. Der 25- Jährige wird jedoch belastet sowohl durch das Geständnis des Mitangeklagten, als auch durch die Schilderungen eines Polizeibeamten aus Bielefeld, der die auf dem Computer des anderen Angeklagten gesicherten Kommunikationsdaten ausgewertet hatte. Demnach führen einige eindeutige Spuren zu dem Leverkusener, der in einem Untergrund-Forum, in dem unter anderem mit gestohlenen Daten gehandelt wurde, als "Mr. Verballert" auftrat.

Bislang hat sich der Leverkusener zu diesem so genannten Nicknamen nicht geäußert, sein Anwalt hat bereits für den nächsten Verhandlungstag Beweisanträge angekündigt, wohl auch um darzulegen, dass sein Mandant und "Mr. Verballert" nicht identisch sind — Nicknamen seien im Forum auch von anderen Usern genutzt worden.

Tatsächlich findet sich beim zielgerichteten Suchen im Internet unter diesem Nicknamen ein Forumseintrag: "Mr. Verballert's Carding Service", auf dem so genannte Drops beworben werden mit dem Hinweis: "Kreditkarten stelle ICH." Drops sind Paketablieferungen von Bestellungen in Internet-Shops an eine Hausadresse oder eine Packstation, wobei die bestellten Waren in den genannten "Angebot" zwischen 1000 und 3000 Euro Wert haben müssen. Der Interessent soll seine Bestellung bei "Mr. Verballert" aufgeben, der besorgt die Ware für eine Provision von 13 Prozent, die in elektronischer Währung zu zahlen sind. Die Zahlung beim Lieferanten erfolgt tatsächlich — so wie es auch die Ermittlungsbehörden sehen — mit gestohlenen Kreditkartendaten, eine Straftat, die sich mit dem englischsprachigen Begriff "carding" tarnt.

Diese Art von Internet- Betrügereien hat der Bad Driburger gestanden, getätigt zu haben: Er hatte Ware bei großen Online-Versendern gekauft, Kreditkarten Dritter angegeben und die Ware unter deren Namen an Packstationen liefern lassen, wo er die Sendungen dann selbst abholte oder abholen ließ. Offenbar eine verbreitete Masche, denn das in Paderborn laufende Strafverfahren ist nur eines von mehreren, die zurzeit unter anderem in Wuppertal und Hannover vorbereitet werden: Auch hier steht ein "Mr. Verballert" im Visier der Ermittler.

Möglicherweise hat sich "Mr. Verballert" bei seinen Geschäften auch unter den Kunden nicht nur Freunde gemacht. Einer, der mit ihm um Ware im Streit lag, outete seinen Partner auf einer eigenen Seite im Internet: "Was jetzt folgt, hast du davon. Ich hab mich nämlich abgesichert mit Fotos" — und liefert die Internetadresse eines hochgeladenen Fotos gleich mit.

Wer diese aufruft, findet das Konterfei eines Mannes, der mit dem in Paderborn auf der Anklagebank recht schweigsam auftretenden Leverkusener sehr große Ähnlichkeit hat. Ein weiteres Verfahren gegen ein Mitglied des Untergrund-Forums steht noch in dieser Woche in Düsseldorf an: Hier geht es vornehmlich um Drogenhandel, in den der Leverkusener ebenfalls verwickelt sein könnte.

(RP)
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