Interview mit Regine Hall-Papachristopoulos „Wir müssen die Fußgängerzone mehr beleben“

Leverkusen · Corona, Flut und das Online-Geschäft machen den Händlern in Leverkusen zu schaffen. Das weiß auch die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Opladen (AGO). Sie spricht über lokale Strategien und Plänen für das kommende Jahr.

 Die Leute müssen wieder Lust auf die Innenstadt bekommen, sagt Regine Hall-Papachristopoulos.

Die Leute müssen wieder Lust auf die Innenstadt bekommen, sagt Regine Hall-Papachristopoulos.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Der Handel erlebt schwere Zeiten. Wie lange halten die Händler in Opladen das noch durch?

Regine Hall-Papachristopoulos Die Frage kann ich leider nicht beantworten. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Der Online-Handel ist immer beliebter und hat dem stationären Handel schon lange Probleme bereitet. Die Pandemie und insbesondere der Lockdown haben zu einer zusätzlichen Verschlimmerung der Lage geführt. Die für die Händler so wichtigen Weihnachtsgeschäfte mussten pandemiebedingt mehr oder weniger ausfallen und haben schwere wirtschaftliche Schäden verursacht. Viele Händler kämpfen trotz finanzieller Hilfen ums Überleben und sind mutlos geworden, weil kein Ende der Pandemie in Sicht ist. Seit Donnerstag, 3. Februar, wird auch in Opladen das „Bändchen“ ausgegeben, mit dem die Bürger alle Geschäfte betreten dürfen.

Was müssen Sie tun, um zu überleben?

Hall Eine einfache Antwort gibt es nicht. Es ist leicht zu sagen, die Händler müssen sich auf die neue Situation einstellen und selbst eine bessere Onlinepräsenz zeigen oder sogar einen Onlineshop eröffnen. In der Praxis gestaltet sich das oft schwer. Eine gute Internetpräsenz mag noch zu realisieren sein, aber bei der Gestaltung eines Onlineshops gibt es viele Hürden, die es heißt, zu meistern. Ich denke da an behördliche Auflagen, Anschaffung von entsprechender, meist teurer Technik und Software. Das Betreiben eines Onlineshops dürfte die Kenntnisse der meisten Händler zumindest zurzeit auch noch überfordern, sowohl in technischer als auch in personeller Hinsicht.

 Regine Hall-Papachristopoulos ist die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Opladen (AGO).

Regine Hall-Papachristopoulos ist die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Opladen (AGO).

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Wie hilfreich kann da eine Händlergemeinschaft wie die AGO sein?

Hall Um zum Überleben einen Gegenpunkt zum Online-Handel zu setzen, müssen die Innenstädte attraktiv gestaltet werden, um eine lebendige Aufenthaltsqualität zu schaffen. Zum einem müssen die Ladenlokale von innen und außen ansprechend sein, zum anderen müssen wir durch Aktionen die Menschen dazu bewegen, sich wieder in der Stadt wohlzufühlen, statt im Internet zu surfen und dort einzukaufen. Das Einkaufen muss wieder zum Erlebnis werden. Natürlich muss auch der Leerstand überwunden und neuer ergänzender Fachhandel auch in die Fußgängerzone gezogen werden. Die AGO setzt sich seit vielen Jahrzehnten für die Opladener Händler, Gastronomen und Dienstleister ein, um den Stadtteil attraktiv zu beleben. Dies erfolgt auf vielfältige Weise. Die AGO belebt die Innenstadt etwa durch die jährliche Weihnachtsbeleuchtung in Opladen. Dies wird ausschließlich von der AGO organisiert und finanziert. Und: Die meisten Veranstaltungen in Opladen organisiert und finanziert die AGO. Hierzu gehören der Weihnachtsmarkt, der Frühlingsmarkt, das Neustadtfest, das Stadtfest, der Herbstmarkt und samstags der Frischemarkt. Die AGO arbeitet eng mit der Stadt Leverkusen zusammen und wird bei vielen Projekten mit einbezogen (Neue Bahnstadt Opladen, Stadtteilentwicklungskonzept, Wirtschaftsförderung Leverkusen) und vertritt die Interessen der Mitglieder. Auch private Mitglieder profitieren von uns. Die „AGO Card“ bietet Mitgliedern besondere Rabatte oder Aktionen an. Jährlich wird der entsprechende Einkaufsführer mit den aktuellen Angeboten erstellt.

Auch Opladen war 2021 stark von der Flutkatastrophe betroffen. Wie stark sind die Nachwirkungen?

Hall Die Flutkatastrophe zeigt auch heute noch ihre Spuren und Nachwirkungen. Auf der Düsseldorfer Straße konnte erst vor Kurzem die Hubertus-Apotheke wiedereröffnen. Fischers Bettenstudio hat einen Sonderverkauf wegen der Flut gestartet. Der Copy-Shop allerdings wird wohl noch Wochen oder Monate bis zur Wiederöffnung warten müssen. Die Hilfen wurden oft nicht zufriedenstellend ausgezahlt. Es wurde ein enormer bürokratischer Aufwand – 20-Seiten langer Antrag – bemängelt.

Die Gewerkschaft Verdi nutzt unabhängig von Corona jede sich bietende Gelegenheit, offene Sonntag zu verhindern. Wie wichtig sind sie für den Handel?

Hall Aus Sicht der stationären Händler sehr wichtig. Da die verkaufsoffenen Sonntage immer anlässlich besonderer Veranstaltungen stattfinden, ist an diesen Tagen die Fußgängerzone sehr belebt und lädt auch Familien zum Bummel und Einkaufen ein. An diesen Tagen erzielen die Händler wichtige und gute Umsätze, auf welche sie gerade in diesen schwierigen Zeiten nicht verzichten können.

Die Stadt versucht mit Konzepten und dem Einsatz von Stadtteilmanagern den örtlichen Handel zu unterstützen. Hat es Opladen geholfen?

Hall Das Stadtteilmanagement hat Opladen sehr geholfen. Die AGO hat eng und konstruktiv mit den Managern zusammengearbeitet. Die Manager haben zur Umsetzung der Pläne viele Gespräche mit Händlern und Eigentümern geführt. In der Fußgängerzone haben erfreulicherweise viele Betreiber den Vorschlag umgesetzt, eine einheitliche Bestuhlung und gleichfarbige Sonnenschirme im Außenbereich aufzustellen. Zudem standen Fördermittel zur Verfügung, die beantragt und umgesetzt wurden, zum Beispiel das Winterlicht in der Bahnhofstraße.

Derzeit wirkt alles sehr trist. Hat die AGO dennoch Pläne für Veranstaltungen im kommenden Jahr?

Hall In der Tat wirkt alles trist und Corona hält nach wie vor viele Bürger von einem Einkaufsbummel ab. Die Angst vor Ansteckung trotz Impfung ist groß, das Tragen der Maske sowie das ständige, aber notwendige Vorzeigen des 2G-Nachweises im Einzelhandel bremst die Lust zudem aus. Die AGO plant in jedem Fall, Veranstaltungen durchzuführen. Wir wollen mit dem Frühlingsmarkt im Mai beginnen. Je wärmer es wird, desto zuversichtlicher sind wir, das Neustadtfest und Stadtfest veranstalten zu können. Im Herbst ist hoffentlich die Pandemie so weit überwunden, dass Herbst- und Weihnachtsmarkt stattfinden können.

Gibt es eine lokale Strategie gegen den zunehmenden globalen Online-Handel?

Hall Unsere Strategie gegen den zunehmenden globalen Onlinehandel ist, Opladen mit wechselnden Aktionen lebhaft und familienfreundlich zu gestalten. Wenn wir die Aufenthaltsqualität weiter erhöhen, ziehen wir Besucher in die Stadt, welche dann auch gern in den Geschäften einkaufen. Unser Stadtteil soll Jung und Alt anziehen, deshalb freuen wir uns auch sehr auf den bald eröffnenden Campus und die Studenten.

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