Gutachter zu Explosion im Chempark Chemische Reaktion des Abfalls sorgte wohl für Zerplatzen des Tanks
Leverkusen · Der Sachverständige, der die Explosion im Chempark-Entsorgungszentrum Bürrig untersucht, legt einen ersten Zwischenbericht vor. Die Bezirksregierung warnt vor voreiligen Schlussfolgerungen. Lange Diskussion im Stadtrat.
Gut einen Monat nach dem Unglück in Bürrig gibt es nun erste Erkenntnisse zur Ursache: Der Sachverständige, der die Explosion im Chempark-Entsorgungszentrum Ende Juli untersucht, hat jetzt einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. „Demnach hat vermutlich eine chemische Reaktion des Abfalls mit zunehmender Temperatur zu einem rapide ansteigenden Überdruck im Lagertank geführt, der trotz der vorhandenen Sicherheitssysteme des Tanks nicht mehr abgebaut werden konnte“, fasst die Bezirksregierung Köln als Aufsichtsbehörde aus dem Bericht zusammen.
„Dem Zerplatzen des Tanks folgte dann wahrscheinlich eine Zündung der entstandenen Explosionswolke und dadurch der anschließende Brand im Entsorgungszentrum.“ Die Bezirksregierung hatte nach der Explosion eine sicherheitstechnische Prüfung angeordnet.
Sie warnt vor voreiligen Schlussfolgerungen. Da müssten erst weitere Untersuchungen des Sachverständigen abgewartet werden. Derzeit stimmt die Bezirkrsregierung mit der Staatsanwaltschaft Köln und Chempark-Betreiber Currenta Möglichkeit der Veröffentlichung des Zwischenberichts ab. Bei dem Unglück waren Ende Juli sieben Menschen ums Leben gekommen. 31 Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft Köln hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Laut Horst Büther von der Bezirksregierung, der am Montag im Stadtrat sprach, muss für eine Veröffentlichung des Berichts vor allem die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung geben. „Der Teil, den wir nun veröffentlicht haben, ist mit ihr abgesprochen.“ Currenta ergänzt aus dem Bericht: „Durch die Explosion haben sich nach Einschätzung der Gutachter die Abfallflüssigkeit und das zuvor zur Kühlung in den Tank gepumpte Heizöl mit der Umgebungsluft vermischt und sofort durchgezündet.“
Im Stadtrat nahm eine neuerliche Diskussion um das Explosionsunglück nochmal viel Zeit in Anspruch. Ratsmitglieder konnten – mit Redezeitbeschränkung pro Person auf vier Minuten, das lehrte die Erfahrung der langen Sondersitzung zu dem Thema kürzlich – sich noch einmal mit Hans Gennen (Technischer Geschäftsführer Currenta) und Chempark-Leiter Lars Friedrich auseinandersetzen. Ebenso mit Horst Büther, Manfred Santen (Greenpeace) und Currenta-Betriebsratschef Artur Oblong.
Letzterer machte seinem Herzen Luft, als er auf einen Anwurf aus der Politik reagierte, dass Ex-Mitarbeiter zu Analysen der ausgetretenen Stoffe nicht Currenta vertrauten, sondern anderen Untersuchungen. Oblong: „Statt Ehemalige heranzuziehen, warum fragt nicht mal jemand uns, die aktuell Beschäftigten, wie wir mit dem Thema umgehen? Wir haben als Kollegen ein riesiges Interesse daran, dass das Ereignis aufgeklärt wird. Wir würden es als Arbeitnehmervertreter nicht zulassen, dass es keine Transparenz in dem Fall gibt. Wir erlauben uns, sehr kritische Fragen zu stellen.“ Und: „An Nummer eins steht bei uns Sicherheit. Jeder von uns weiß, dass er nicht in einer Schokoladenfabrik arbeitet. Deswegen bemüht sich ja jeder um Sicherheit.“ Verunsicherung – unter andrem Markus Beisicht (Aufbruch) und Benedikt Rees (Klimaliste) warfen Currenta Intransparenz vor, die zu Unsicherheit in der Bevölkerung führe – entstehe vor allem, „durch vermeintliche Fachleute, die irgendwoher zitiert werden“.
Nachfragen kamen etwa von Roswitha Arnold (Grüne) und Markus Pott (Op Plus) zu den Brunnengalerien Ost und West unter der Sondermülldeponie, die das Sickerwasser fassen. Die Anlage fielen einen Tag nach dem Unglück aus. Konnten ob des Ausfalls Grundwasser beziehungsweise der Rhein kontaminiert werden? Currenta sagte im Rat klar nein. Büther: „Wir haben ein Gutachten angefordert. das wird gerade ausgewertet. Erster Eindruck: Es gab keine Kontamination.“
Die Bezirksregierung hatte umgehend nach dem Vorfall den Abfall-Verursacher, eine Firma aus dem europäische Ausland, und ihre Abnehmer gewarnt, um einen weiteren solchen Vorfall zu vermeiden. „Auch in Leverkusen wird es Konsequenzen geben“, merkte Büther an. Grundlage dafür werden die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens sein. „Das ist die Basis für die Genehmigung der Anlage, zum Beispiel, ob wir als Bezirksregierung bestimmte Abfallgruppen rausnehmen müssen, und ob bei der Überwachung nachreguliert werden muss.“ Für Teile der Anlage müsse, weil sie wie das Tanklager einfach nicht mehr vorhanden seien, erst wieder eine neue Genehmigung erteilt werden.