Leverkusen Gehen, ging, gegangen - ein Leseabend zur Flüchtlingskrise

Leverkusen · Für vergangenen Donnerstag lud die ehemalige Deutschlehrerin Sibylle Korber zu einer Lesung in die Stadtteilbibliothek Schlebusch im Freiherr-vom-Stein-Gymnasium ein. Der Titel: "Gehen, ging, gegangen". Das ist nicht nur eine einfache Konjugation, also eine grammatische Regel der deutschen Sprache, sondern auch der Titel des Spiegel-Bestsellers von Jenny Erpenbeck. Der Roman war sogar für den Deutschen Buchpreis nominiert, gewann ihn aber nicht.

 Sibylle Korber las aus und diskutierte mit ihren Gästen in Schlebusch über den Roman "Gehen, ging, gegangen" von Jenny Erpenbeck.

Sibylle Korber las aus und diskutierte mit ihren Gästen in Schlebusch über den Roman "Gehen, ging, gegangen" von Jenny Erpenbeck.

Foto: UWe Miserius

Für die pensionierte Lehrerin Korber steht das Buch trotzdem ganz weit oben: "Ich halte es für ein gutes Buch", lobte sie. Für ihre Gemeinde Odenthal denkt sich Korber immer ein bestimmtes Jahresthema für ihre Lesung aus. Dieses Jahr hatte sie nichts Bestimmtes im Sinn, und so fiel ihr der Roman von Erpenbeck ein, der ein aktuelles Thema behandelt: die Flüchtlingskrise. "Und zwar ohne historischen Sicherheitsabstand", betonte Sibylle Korber.

Es geht um den verwitweten Richard, der alleine lebt. Eines Tages beobachtet er eine Demonstration von zehn Afrikanern, die sein Interesse für Afrika weckt. Doch Richard kennt sich eigentlich gar nicht mit dem fernen Kontinent aus. "Das ist ein starker Identifikationsfaktor für mich", gibt Korber während der Lesung zu. Zufällig landet der Protagonist des Romans auf dem Oranienplatz in Berlin, wo ein Flüchtlingslager steht. Wieder zu Hause entwirft Richard einen Katalog mit Fragen, die er einem Flüchtling gerne stellen würde. Die Geschichte von sechs Flüchtlinge lernt Richard im Laufe des Buches kennen.

Der Roman bezieht sich auf mehrere Themen, unter anderem auch auf den Bereich Arbeit. Denn die Flüchtlinge bekommen zwar Geld, dürfen jedoch nicht arbeiten. Richard und seine Freunde sind die klassische Nachkriegsgeneration im Alter von 65 plus. Sie haben auch Schlimmes erlebt, doch ihnen wurde nie das Recht entzogen, sich eine Arbeit zu suchen. Erpenbeck bezieht sich in ihrem Buch auch auf Enttäuschung, Wertschätzung und den Tod.

"Ein Roman ist ein kompliziertes Organisationssystem", betont Korber. Sehr beeindruckt ist sie vom Cover des Buchs, das verschiedene Linien zeigt, die sich kreuzen. "Es ist eines der schönsten Titelbilder, die ich in letzter Zeit gesehen habe", lobt sie.

Bei der Buchpräsentation wurde auch diskutiert. Das Buch helfe einem, die Flüchtlinge nicht nur als eine graue Masse zu sehen, sondern als individuelle Menschen, war die einhellige Meinung.

(RP)
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