Leverkusen Gegessen wird immer, umgetauscht immer seltener
Leverkusen · An zwei Weihnachts-Weisheiten war jahrzehntelang nicht zu rütteln: Nach den Festtagen sind alle mit süßem und herzhaftem Essen aller Art so vollgestopft, dass sie nichts Essbares mehr sehen können, geschweige denn kaufen und essen wollen.
Und: Bis Neujahr werden mehr oder weniger heimlich massenhaft Geschenke umgetauscht — insbesondere, weil die Herren den Geschmack ihrer Damen arg verfehlt haben. Beides hielt einer stichprobenartigen Beobachtung und Befragung am Rathaus-Center allerdings nicht stand.
Am Christkindchenmarkt, der noch bis zum 30. Dezember geöffnet bleibt, verkauft zwar Frank Behrend auch nach Weihnachten noch ein paar Krippenfiguren, Manja Zastrow Duftkerzen und Valerie Ley Schmucksteine, die Heilkräfte haben sollen. Auch Yvonne Kulartz verweist nicht ganz erfolglos darauf, dass ihre Christstollen noch bis März haltbar sind. Und Isabell Kamm (27) freut sich, dass sie ihrem Patenkind Xenia (5) einen Bummel über den Weihnachtsmarkt schenken und sofort einlösen konnte.
Doch bei neun Grad, Wind und Nieselregen sind es ganz überwiegend die Essbuden, die Passanten zum Stehenbleiben verleiten.
Evelin und Andreas Brommer etwa denken gar nicht daran, noch einmal Kerzen, Sterne oder andere Weihnachts-Deko zu kaufen; auf dem Weihnachtsmarkt lockten nur die Flammkuchen. Und an ihrem Crêpes-Stand steht Henny Dietrich nicht etwa allein, sondern mit gleich drei Kollegen. "Genau wie vor den Weihnachtstagen" laufe das Geschäft, freut sie sich. "Viele Menschen sind ja ohnehin in der Stadt, um Geschenke umzutauschen."
Im Rathaus-Center war gestern von umtauschwütigen Kunden zumindest aber wenig zu sehen. Zwar waren die Schlangen bei den großen Mode- und Elektronikketten noch länger als sonst, und dort wedelten auch verdächtig viele Kunden mit Kassenbons. In den kleineren Läden hieß es aber zufrieden, die Zahl der Umtausch-Wünsche hielte sich "in Grenzen" oder sei, wenn überhaupt, "kaum höher als sonst".
Aus den traditionell "gefährdeten" Schuh-, Parfüm- und Unterwäschegeschäften war sogar ausdrückliches Lob für die einkaufenden Männer zu hören. "Die Herren treffen den Geschmack der Damen immer besser", sagte etwa Janine Neumann vom Dessous- und Bademodengeschäft Hunkemöller. Mit der Kenntnis der richtigen Größen hapere es allerdings noch, findet die Fachfrau — "aber das geht acht von zehn Frauen genauso".
Eine falsche Schuhgröße vermuten Männer bei ihren Liebsten hingegen nur noch "ganz, ganz selten", weiß Sandra Humpert vom Schuhgeschäft Kämpgen. Auch dass immer mehr Gutscheine verschenkt würden führe dazu, dass weniger umgetauscht werden müsse. Deshalb wird auch Christin Cymbrocki in der Parfümerie Goldkopf nicht von Kunden überrannt, die unpassende Düfte zurückgeben wollen. Verkäuferinnen einer Boutique, die nicht namentlich genannt werden wollen, klagten jedoch: "Unsere Kunden wollen unbedingt etwas in der Hand haben. Deshalb ist die Umtauscherei jedes Jahr schlimm."
Zurück auf dem Weihnachtsmarkt äußerten sich auch die Passanten Sarah und Fabian kritisch: "Die Atmosphäre ist einfach weg", sagten sie. Ihre Nachnamen woltlen sie aber lieber nicht nennen. Und ein Tütchen gebrannte Mandeln haben sie auch noch schnell gekauft.