Über ein besonderes Hobby in Leverkusen Funken – Kontakte angeln über Signale

Leverkusen · Über Politik funkt man nicht, sagt Ulrich Biermanski von den Leverkusener Amateurfunkern und klärt auf über das Hobby, dem in der Ortsgruppe 125 Leute frönen.

 Funker Ulrich Biermanski ist seit Jahrzehnten Mitglied des Deutschen Amateurradioclubs, Ortsgruppe Leverkusen.

Funker Ulrich Biermanski ist seit Jahrzehnten Mitglied des Deutschen Amateurradioclubs, Ortsgruppe Leverkusen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Die Fußballplätze sind verwaist, die Sporthallen leer. Restaurants, Bars und Clubs haben zu  – die Welt geht auf Abstand. So geschieht es auch mit ihren Hobbys. Für Amateurfunker sollte dieser Zustand zunächst von Außen betrachtet keinen Unterschied machen. Wer über die Bänder mit Bewohnern auf dem ganzen Erdball funken will, der tut das aus seinem Zuhause. Doch dieser gedankliche Elfmeter geht weit am Tor vorbei: Die Funker vermissen gewohnte soziale Kontakte.

Es gibt Themen, die sind tabu. Über die spricht man nicht im Funk. Über die verliert man kein Wort. Politik ist so ein Thema. „Das könnte nur zu Spannungen führen“, merkt Ulrich Biermanski erläuternd an. Der 72-Jährige kennt sein Fach, ist seit Jahrzehnten Mitglied des Deutschen Amateurradioclubs in der Ortsgruppe Leverkusen. Der grassierende Virus aber ist ein Thema, über das die ganze Welt spricht. Und das auch über Funk.

Seit 46 Jahren hält Biermanski die Lizenz, durch die ganze Welt zu funken. Allein in der hiesigen Ortsgruppe folgen ihm 125 Gleichgesinnte  – jung und alt. Mehr jedoch alt. „Wir sind ein wenig überaltert“, bekennt er. „Das kann man schon sagen.“ Dennoch wagen sich junge Menschen an das technisch interessante, aber ebenso fordernde Hobby heran. „Das trauen sich nicht viele“, sagt Biermanski.

Bevor der Nachwuchs daher an die Geräte darf, muss er sie erst einmal beherrschen, ihre Bauteile und Funktionen kennen. Dafür gibt es Lehrgänge. Die Jugendgruppe in Leverkusen hat 14 Mitglieder. „Dort wird elektronisch gebastelt, die jungen Leute sollen herangeführt werden“, erläutert der 72-Jährige. Später stehen dann Lizenzprüfungen an. Die gehen bis hin zum staatlichen Examen der Bundesnetzagentur. Dann dürfen Amateurfunker ihre Geräte und Antennen sogar selbst bauen. „Das darf sonst niemand in Deutschland“, betont Biermanski.

Die Kurse, in denen sich eigentlich rege ausgetauscht wird, finden in diesen Zeiten nur online statt. Der persönliche Austausch fehlt  – und er fehlt sehr. Immerhin funktioniert das Lernen über das Internet sehr gut. Aus dem vergangenen Kursus, erzählt Ulrich Biermanski, haben alle Teilnehmer alle die Prüfung bestanden. Im Januar startet ein neues Unterrichtsseminar für die Einsteigerlizenz.

Und dennoch sind die Funker auf persönliche Kontakte angewiesen. „Private Dinge verbreitet man nicht über Funk“, bekräftigt Biermanski. Er vermisst auch die Zaungäste, die sich immer wieder einfinden, wenn eine der portablen Antennen aufgestellt wird.

In der Pandemie bleiben immerhin die kurzweiligen Gäste aus aller Welt. Auf Englisch unterhalten sich die Funker dann. „Das ist interessant“, sagt der Leverkusener Funker. „Man lernt Länder kennen, von denen man sonst nie gehört hat.“ Biermanski markiert jeden Ort, zu dem er Kontakt hat, zu Hause auf einer Weltkarte.

Die Kontaktaufnahme ist schwer zu erklären. Ulrich Biermanski malt dafür ein sprachliches Bild. Die Amateurfunker starten einen „allgemeinen Anruf“ über das 20-Meter-Band. Über dieses sind die Verbindungen in die Welt möglich. Dieser Vorgang wird wiederholt  – so lange bis sich jemand meldet. „Das ist wie Angeln“, vergleicht der 72-Jährige. Ihn faszinierten insbesondere die in Eigenregie gebauten und dann genutzten Antennen. Da, sagt er schlicht, sei er „so hinein gewachsen“. Seither lässt ihn das Funken nicht mehr los.

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