Leverkusen Flüchtlingsprojekte starten auf Rädern

Leverkusen · Das Awo-Familienseminar hat drei Projekte für Flüchtlinge aus der Unterkunft Sandstraße aufgelegt. Gestern wurden ausrangierte Fahrräder repariert. Bald starten eine Maler- und Lackierergruppe und ein Nähcafé für Frauen.

Der Erste hat seine Arbeit nach einer Stunde schon erfolgreich beendet und fährt mit seinem blauen Rennrad die erste Proberunde über den Parkplatz des Familienseminars der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Andere schrauben noch oder bessern löchrige Schläuche aus. Einer hat sich zunächst einen Wassereimer geholt und befreit ein Kinder-Fahrrad von einer dicken Schmutzschicht. Und es kommen noch weitere Flüchtlinge, die das spezielle Angebot der Awo nutzen wollen. Das ist für die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft an der Sandstraße gedacht, wo es sich offenbar schnell herumgesprochen hat.

Beim Auftakt am Samstag kamen sieben Männer, gestern waren es schon 13. Alle dürfen ihr repariertes und gereinigtes Rad mit nach Hause nehmen und sind nun immerhin mobil. Das war allerdings nicht der Hauptgrund für dieses Projekt, das nun jeden Dienstag angeboten werden soll. "Die Beschäftigung ist wichtig, denn die Menschen haben ja nichts zu tun", sagt Petra Jennen, Leiterin des Awo-Familienseminars. Außerdem sei das Haus an der nahegelegenen Sandstraße voll belegt, sogar in den Gemeinschaftsräumen seien Betten aufgestellt worden: "Da ist wenig Platz, um sich tagsüber aufzuhalten."

Manfred Hans, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Awo, sagt: "Wir wollen uns jetzt auch im Bereich der Flüchtlingshilfe bewegen." Finanziell gefördert werden die Projekte noch nicht. Dabei ist die Awo auf Spenden angewiesen, einen Anteil trage die Awo aber selbst. Auf Dauer könne das der Wohlfahrtsverband nicht leisten, da müssten zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden, meint Hans. Darum aber müsste sich eine eigens eingestellte Kraft kümmern, die auch ein Konzept für die Flüchtlingshilfe erstellt und die Projekte begleitet. Das könne Petra Jennen nicht alles nebenher leisten. Aber zunächst müsse man einfach anfangen, denn die Hilfe werde jetzt gebraucht und nicht erst in einigen Monaten.

Vorausschauend hat Jennen schon vor zwei Jahren damit begonnen, Ehrenamtler zu gewinnen: noch bevor so viele Flüchtlinge in die Stadt kamen. Und die Bereitschaft zur Mitarbeit ist groß. Fünf Herren leiten die Fahrrad-Reparatur-Werkstatt, die künftig jeden Dienstagvormittag geöffnet sein soll. Vorausgesetzt, es kommt genügend Nachschub. 35 ausrangierte, aber nicht mehr ganz fahrtüchtige Zweiräder wurden gesammelt. Aber die meisten sind bereits nach zwei Öffnungstagen hergerichtet und haben den Besitzer gewechselt. Wer eines haben möchte, muss allerdings selbst kommen und mitarbeiten. Räder auf Bestellung gibt es nicht.

Nach den Sommerferien, noch im August, startet ein zweites Projekt mit einem Lehrer des Berufskollegs. Er wird eine Maler- und Lackierergruppe anleiten, die im denkmalgeschützen Haus der Awo am Berliner Platz Holz-Restaurierungsarbeiten durchführt. Davon haben dann beide Seiten in etwas. Die Flüchtlinge haben eine sinnvolle Beschäftigung und können dabei lernen. Und für die Awo wird das Gebäude hergerichtet.

Eine Frauengruppe startet am 1. September. Unter professioneller Anleitung wird dienstagsvormittags im Nähcafé Kleidung genäht oder repariert. Dazu gibt es eine Kinderbetreuung.

(mkl)
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