Im Forum Leverkusen Als Gott sich auf nach Babylon macht

Leverkusen · Das Puppet Theatre aus den Niederlanden gastierte im Forum mit einem Stück voller schwarzem Humor und Anlehnungen aus der Bibel.

 Skurril, biblisch, komisch und absolut hintergründig zeichnen die Figuren bei „Babylon“ Szenen nach, die fast schon heutzutage auf einem Flüchtlingsboot spielen könnten.

Skurril, biblisch, komisch und absolut hintergründig zeichnen die Figuren bei „Babylon“ Szenen nach, die fast schon heutzutage auf einem Flüchtlingsboot spielen könnten.

Foto: Wim Sitvast

Im Hintergrund ist ein Militärmarsch zu hören, vorne wollen alle irgendwie weg von dieser Küste Nordafrikas. Die wenigen Plätze auf dem letzten Boot Richtung Babylon sind begehrt, doch der ungeduldige Kapitän lässt sich nicht durch persönliche Lebensgeschichten von Gewalt und Verfolgung beeindrucken. Das hört sich an wie die Beschreibung der realen Flüchtlingsproblematik, und doch ist hier alles grotesk. Angefangen mit der Kulisse aus Tarnnetzen, die nicht recht zur Vorstellung von einem Figurentheater passen wollen. Die Zielgruppe des australischen Puppenspielers Neville Tranter, aus dessen Hand Konzept, Text, Figuren und Regie der Produktion des niederländischen Puppet Theatre stammen, sind Erwachsene. Und die verstehen seinen rabenschwarzen Humor, der dieses satirische Stück über Krieg und Flucht und grundsätzlich über das Böse und das Gute kennzeichnet.

Sehr aufmerksam verfolgte das Publikum von KulturStadtLev im vollbesetzten Forum-Studio die Vorstellung dieses außergewöhnlichen Puppenspielers, der etliche Klappmäuler mit ganz unterschiedlichen Charakteren führte und belebte. Denen legte er die Worte in leicht verständlichem Englisch in den Mund, woraus sich eine Geschichte zwischen griechischer Tragödie und Molièrescher Komödie entwickelte. Gott selber will an diesem afrikanischen Strand eingreifen, weil dort nämlich sein Sohn an Bord gehen will, um sich ein zweites Mal für die Menschheit zu opfern.

Allerdings ist der liebe, aber etwas begriffsstutzige Greis im weißen Gewand, als den Neville Tranter Gott-Vater in sein Stück eingebaut hat, nicht sonderlich erfolgreich. Er ist auf die Hilfe von Erzengel Uriel angewiesen, seinen devoten Assistenten, der mit seiner Haltung auch Karriere im Klerus hätte machen können. „Es ist nicht einfach, Gott zu sein“, wirbt der Schöpfer,der in Wirklichkeit Heavy Metal liebt, um Verständnis. Manchmal gerate das Gute schlecht und das Schlechte eben gut. Auch der milde Jesus hat beste Absichten, aber keinen Peil, jedenfalls weniger als das Schaf Binky, das er unter seinem Arm mitschleppt. Er geht dem Leibhaftigen prompt auf den Leim.

Neville Tranter hat für sein Babylon die Bibel gut durchgeschüttelt und daraus mit einem Griff in die Kirchengeschichte und Bezügen zur aktuellen Lage eine neue biblische Story geschrieben. Witzig und nachdenklich, bissig und mit dem entwaffnenden Humor eines Monty Python.

Und was nach einem herzlich komischen Abend am überraschenden Ende vielleicht wirklich den ein oder anderen Zuschauer erschüttert, ist die Erkenntnis, dass es sich nur scheinbar um eine moderne biblische Geschichte handelt – sie ist in Wirklichkeit zeitlos und wiederholt sich stets

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