Im Falle einer Vollsperrung Fähre könnte Alternative zu A1-Brücke sein

Leverkusen · Durch die neu entdeckten Risse rückt eine mögliche Vollsperrung der Leverkusener A1-Rheinbrücke näher. Der ADAC fordert schon jetzt ein Ausweich-Konzept.

A1-Brücke: So viele Verstöße gibt es gegen das Lkw-Verbot
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Foto: dpa, obe kde

Christoph Jansen ist Projektleiter beim Landesbetrieb Straßen NRW und als einer der Verantwortlichen für den Bau einer neuen A1-Autobahnbrücke am Kreuz Leverkusen durchaus Kummer gewohnt. Doch als er und seine Fachkollegen jetzt von einer Besichtigung des maroden Brückenbauwerks zurückkehrten, machten sie besonders lange Gesichter. "Die haben ihren Kopf unterm Arm getragen", beschrieb ein Sprecher von Straßen NRW am Donnerstag die Szenerie. Der Frust sei überall spürbar gewesen.

Kein Wunder: Mussten die Experten doch NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) empfehlen, das Lkw-Verbot für die Leverkusener A1-Rheinbrücke aufrechtzuerhalten, anstatt es wie erhofft zum Jahresbeginn 2015 aufheben zu können. In den Seilkammern hatten die Fachleute alle Schweißnähte freigelegt und begutachtet. Dabei wurden neue Risse entdeckt. Groschek ließ daraufhin mitteilen, das Verbot für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen (auch Wohnwagengespanne) bleibe bis Mitte kommenden Jahres in Kraft.

Nur halten sich längst nicht alle Lkw-Fahrer daran. Eine Statistik der Stadt Leverkusen macht die Dramatik deutlich. Die Verwaltung hat seit Beginn ihrer Messungen im Sommer schon mehr als 23 000 Bußgeldverfahren wegen Gewichtsverstößen auf der Brücke eingeleitet, zudem mehr als 100 000 wegen zu hoher Geschwindigkeit. Ein Lkw-Fahrer (47) missachtete in vier Wochen bei elf Touren das Durchfahrtverbot - ihm wurde der Führerschein entzogen. Andere schraubten sicherheitshalber die Kennzeichen ab, bevor sie auf die Brücke fuhren.

Immer noch rollen Tag für Tag bis zu 500 zu schwere Fahrzeuge verbotenerweise über die Rheinbrücke. "Jedes einzelne von ihnen schadet dem Bauwerk", betont der Straßen-NRW-Sprecher. "Das ist kein Kavaliersdelikt." Im Gegenteil: Jeder, der das Verbot missachte, erhöhe das Risiko, dass die Brücke eines Tages komplett für den Verkehr gesperrt werden könnte. Bisher gehen die Experten des Landes zwar davon aus, diese schlimmste aller Maßnahmen vermeiden zu können. Doch auszuschließen sei spätestens nach der neuen Hiobsbotschaft mit den Rissen nichts mehr, heißt es.

"Das wäre die absolute Katastrophe"

Vollsperrung? Daran mag Roman Suthold gar nicht denken. "Das wäre die absolute Katastrophe", warnt der Verkehrs-Experte des ADAC-Nordrhein. Damit werde die Ringstruktur der Autobahnen rund um Köln an einer ihrer wichtigsten Stellen zerschlagen. Folge: Der zu erwartende Ausweichverkehr werde dazu führen, dass die Domstadt, aber auch Teile Leverkusens "im Chaos versinken. So weit dürfen wir es nicht kommen lassen."

Suthold fordert alle Verantwortlichen dazu auf, schon jetzt ein Konzept zu erarbeiten, welche Alternativen bei einer Vollsperrung zur Verfügung stünden: Verlagerung des Gütertransports auf Binnenschiffe, Bau von Ponton-Brücken oder Fähren als Behelf - all das müsse geprüft und eventuell vorbereitet werden.

Die Ordnungsbehörden überlegen unterdessen, wie sie die uneinsichtigen Brummifahrer stoppen können. Auch eine Art Barriere in einigen Metern Höhe ist dabei in Erwägung gezogen worden. Wie ein Vertreter der Kölner Niederlassung von Straßen NRW erklärte, sei die Idee aber wieder verworfen worden: "Das ist keine Maßnahme, die in der Straßenverkehrsordnung vorgesehen wäre. So etwas löst jede Menge rechtliche Probleme aus."

Die gibt es auch so schon genug: Knapp 900 Widersprüche hat die Stadt Leverkusen bis Ende September gegen Bußgeldbescheide auf der Brücke verzeichnet. Das Amtsgericht spannte zwischenzeitlich alle 21 Richter in die Bearbeitung der Fälle ein. Dort ist die Knöllchen-Flut längst eine echte Belastung.

Inzwischen ist eine weitere Brücke auf der A1 für Teile des Verkehrs gesperrt worden. Die Brücke zwischen dem Autobahnkreuz Unna und der Ausfahrt Schwerte dürfen Schwerlasttransporter über 40 Tonnen nicht mehr befahren.

(RP)
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