Tag der Europawahl Warum Familie Fabrizius am Sonntag 200 Gäste im Wohnzimmer erwartet

Leverkusen · Am Tag der Europawahl wird bei der Leverkusener Familie Fabrizius ein stetes Kommen und Gehen herrschen: Ihr Wohnzimmer ist das offizielle Wahllokal für den Stimmbezirk 344.

 Der Leverkusener Johann Peter Fabrizius sitzt im Wohnzimmer mit seiner Frau Sybille neben der Wahlurne.

Der Leverkusener Johann Peter Fabrizius sitzt im Wohnzimmer mit seiner Frau Sybille neben der Wahlurne.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Wahlurne hat Johannes Peter Fabrizius schon aus dem Keller geholt, den Sichtschutz hat er auf einem Tisch aufgebaut. „An dem Fenster dahinter lassen wir die Rollladen herunter, damit auch keiner von draußen in die Kabine gucken kann“, sagt der 69-Jährige. Das große Sofa und der Glastisch sind schon weggeräumt, stattdessen stehen zwei andere Tische mitten im Raum. Dort wird es an diesem Sonntag voll werden: Zur Europawahl verwandelt sich das Wohnzimmer der Familie Fabrizius in Leverkusen-Edelrath in ein Wahllokal.

Rund 500 Wahlberechtigte leben im ländlichen Stimmbezirk 344. Deutlich mehr als die Hälfte von ihnen werde am Sonntag auch zur Stimmabgabe erscheinen, schätzt Fabrizius. „Die Leute kommen recht gerne her, weil es bei uns so gemütlich ist“, sagt seine Frau Sybille (64). „Das geht hier auch immer recht locker zu.“ Auf dem Esstisch stehen Bonbons, Plätzchen, Kaffee und Wasser bereit. „Manchmal fragt auch einer nach einem Schnaps“, lacht Johannes Peter Fabrizius. „Und Zeit für ein Schwätzchen ist immer da.“ Die Eheleute gehören als Beisitzer dem Wahlvorstand an und kennen fast jeden, der zum Wählen kommt.

Früher war der Wahlraum für Edelrath und drei Nachbardörfer in einer Gaststätte. Als die zumachte, wurde vorübergehend in einem Heim gewählt, das dann aber ebenfalls schloss. „Und auf einmal hieß es: Wir haben hier kein Wahllokal mehr“, erinnert sich Johannes Peter Fabrizius. Kurzentschlossen boten er und seine Frau an, einen Wahlraum im eigenen Wohnzimmer einzurichten. „Wir haben da Fliesenboden, den man einfach reinigen kann, und nichts, was groß kaputtgehen kann - also warum nicht?“ Gut zwölf Jahre ist das jetzt her, und seitdem haben bei Fabrizius etwa ein Dutzend Wahlen stattgefunden: Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen.

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Foto: AP

Außer dem Haus der Familie Fabrizius gibt es in Nordrhein-Westfalen nach Angaben des Landeswahlleiters noch weitere ungewöhnliche Wahlräume. Die Menschen im sauerländischen Nachrodt-Wiblingwerde zum Beispiel geben ihre Stimme in einer Friedhofskapelle ab, im niederrheinischen Brüggen wird auf dem Schießstand eines Schützenvereins gewählt und in Herne in einem Blumengeschäft.

Den Aushang für den Stimmbezirk 344 bringt der Wahlvorsteher erst am Sonntagmorgen zur Familie Fabrizius, genauso wie Stimmzettel, Stifte und Verpackungsmaterial. Die Haustür muss ab Öffnung des Wahllokals um 8.00 Uhr den ganzen Tag offenstehen, so sehen es die Formalitäten vor. Und wenn das Wahllokal um 18.00 Uhr schließt, beginnt der Wahlvorstand sofort mit der Auszählung der Stimmen. „Wir bemühen uns immer, möglichst schnell zu sein“, erklärt Fabrizius. „Das Ergebnis geben wir dann telefonisch an den Kreiswahlleiter durch.“ Und wie das ausfällt, darauf ist natürlich auch er gespannt.

(top/dpa)
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