Leverkusen Emal Firuz - vom VHS-Schüler zum Lehrer

Leverkusen · Der Kabuler Migrantensohn schaffte zunächst nur den Hauptschulabschluss. In der VHS startete er durch und machte Karriere.

Aus Dankbarkeit kam Emal Firuz zurück an die Volkshochschule. In dem Gebäude an der Rheindorfer Elbestraße hat der 32-Jährige seine Fachhochschulreife nachgeholt. Das war noch vor der kompletten Sanierung des Gebäudes. Inzwischen hat er in Köln sein Diplom in Elektrotechnik abgelegt, und zwar mit großem Erfolg. Der Professor hat seine Diplomarbeit als die beste seit langem beurteilt. Inzwischen ist der verheiratete junge Mann, der in Kürze zum ersten Mal Vater wird, als Diplomingenieur in der Hardwareentwicklung tätig. Aber nebenher ist er Lehrer in der VHS.

Er unterrichtet wöchentlich drei Stunden Mathematik im Bereich Schulabschlüsse. "Der Montag ist für mich ein langer und anstrengender Tag", sagt Firuz. Aber das ist sein persönlicher Dank an die Einrichtung, die ihm seine beruflichen Chancen eröffnet hat. Emal Firuz will auch als gutes Beispiel dienen und ermutigen. Deswegen kennen alle Schüler seine persönliche Lebensgeschichte. Als Zwölfjähriger kam er 1995 mit seinen Eltern aus Kabul nach Deutschland, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Er besuchte die Hauptschule Neucronenberger Straße, lernte dort zwar die Sprache in Intensivkursen. Aber es reichte dann nur für den Hauptschulabschluss Klasse neun.

Aber er wollte gerne studieren, so wie Vater und Mutter. "Bildung war in unserer Familie wichtig", sagt Emal Firuz. Seine einzige Chance, dieses Ziel zu erreichen, sei die Weiterbildung in der VHS gewesen. "Wenn ich das geschafft habe, obwohl ich ohne Sprachkenntnisse hier angekommen bin, dann könnt ihr das auch schaffen", spornt er seine Schüler heute an. Der gelungene Abschluss hier sei der Start für eine Berufskarriere. Viele von denen würden sich einfach zu wenig zutrauen oder litten an Prüfungsangst, erklärt Firuz. Deswegen will er Mut machen. Durch das Erzählen seiner eigenen Geschichte und mit Prüfungs-Übungen. Außerdem vermittelt er den Schulstoff praxisnah, so dass klar werde: Angewandte Mathematik braucht man immer. "Ich nehme gerne Beispiele aus eigener Erfahrung", sagt er. "Ich habe auch nie Formeln einfach auswendig gelernt, die Schüler müssen sie selbst herleiten können."

Zwischen 35 und 40 Prozent der Schüler im Bereich Schulabschlüsse habe einen Migrationshintergrund, sagt Leiter Jürgen Samol. Dabei hat er nur diejenigen gezählt, die nicht in Deutschland geboren sind, so wie Emal Firuz. Unterrichtet werden aktuell 144 Schüler, aber jedes neue Schuljahr beginnt die VHS mit 200 Personen. Die seien aber erfahrungsgemäß nicht alle beschulbar, erklärt VHS-Leiter Gerd Struwe den Zahlenunterschied. Bereits in den ersten sechs Wochen zeige sich, wo der Versuch zwecklos ist, weil die Grundvoraussetzungen - Sozialverhalten und Leistungswille - fehlten. "Dann melden wir sie ab", sagt Samol, "um den anderen auf der Warteliste eine Chance zu geben."

Die Schulabschlusskurse sind nämlich so stark nachgefragt, dass für das nächste Schuljahr alles längst voll ist. Wer keinen Platz bekommen hat, kann nur hoffen, innerhalb der ersten vier Wochen des neuen Schuljahres nachrücken zu dürfen. Später wäre es wenig sinnvoll, dann wäre schon zu viel Unterrichtsstoff versäumt. Den Schülern steht Bafög zu, das nicht zurückgezahlt werden muss. In diesem Jahr wurden 111 Schüler zur Prüfung zugelassen, 95 haben sie erfolgreich bestanden. Fast 50 Prozent der Startzahl, womit Struwe durchaus zufrieden ist. Das sei eine Verdopplung gegenüber vor 15 Jahren.

(mkl)
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