Leverkusen "Einmal dabei sein bei den Olympischen Spielen"
Leverkusen · Eine Handvoll Kinder stehen am Stand "30m Laufen". Am Tag der offenen Tür des "TSV Bayer 04 Leverkusen Leichtathletik" in der Fritz-Jacobi-Halle wollen sie sich an den verschiedenen Leichtathletikdisziplinen versuchen.
Angestellt hat sich auch Jael Biffio (11). Als sie an die Reihe kommt, sprintet sie in 4,43 Sekunden über die Strecke. Das wird auch am Ende des Tages die schnellste gemessene Zeit sein — für Mädchen und Jungen. Ganz unerwartet kommt der "Tagessieg" allerdings nicht. Jael ist bereits im Verein und trainiert ein bis zweimal pro Woche. Noch trainiert sie nicht gezielt, vorgesehen sind aber schon Sprint und Weitsprung. In ihrer Schule, dem Landrat-Lucas-Gymnasium (LLG), wird sie in den Sportzweig wechseln und ist Mitglied des schuleigenen Wettkampfteams.
"Einmal bei Olympia vor Tausenden Leuten antreten wäre schon mein Traum", sagt sie. Bis an diesen Punkt ist es noch ein weiter Weg, dennoch wird Jael es einfacher haben als viele andere. "Sie ist ein Talent", sagt Anke Straschewski, Leiterin der U16 Nachwuchsabteilung und Jaels Trainerin. Das sehe sie auf den ersten Blick. "Die Art sich zu bewegen und die Fähigkeit zur Körperspannung sind anders ausgeprägt." Dennoch reiche bloßes Talent meist nicht. "Für Erfolg im Leistungsbereich sind viele Faktoren wichtig. Da spielen Schule, Eltern und die Psyche des Kindes eine wesentliche Rolle." Besonders übertriebener Leistungsdruck sei kontraproduktiv. Die Kinder entwickelten Erwartungen an sich selbst, die oft unerfüllt blieben. "Meine Ideologie", betont die Trainerin, "ist Spaß am Sport, sodass die Jugendlichen freiwillig mehr trainieren." Dass der Traum von Olympia nur über den Leistungsbereich funktioniert, weiß auch Jael. "Wenn möglich, will ich auch dahin", verrät sie und fügt an: "Das weiß meine Mutter aber noch nicht."
Die Begeisterung, mit der Tochter Jael zur Sache geht, ist an Mutter Gesa Biffio (49) nicht vorbeigegangen. "Ich sehe das etwas ambivalent", sagt sie. "Solange es ihr Spaß macht, kein Problem. Es besteht aber die Gefahr, dass sie immer mehr reingezogen wird." Biffio kennt Wettkampfstress und die Gefahr der übergroßen Erwartungen. Sie habe das bei sich selbst und einer älteren Tochter erlebt, beide seien wegen des Druckes aus dem Leistungsbereich ausgestiegen. "Vielleicht", sagt sie, "kommt es nicht so weit. Dann macht Jael eben ganz normal Sport und ich bin fein raus."
Den Weg in den Leistungssport kennt auch Kira Biesenbach (21). Als deutsche Meisterin im Siebenkampf fuhr sie im Sommer zur Leichtathletik-WM in Moskau. "Man darf den Spaß nicht verlieren", rät sie und sagt: "Ich habe bis heute Spaß am Sport. Sonst könnte ich das nicht machen."