Serie Wir Öffnen Schubladen Ein Fach für Beethovens Kompositionen

Leverkusen · Der Dirigent und Komponist Dirk Joeres lagert in seinem Schrank beispielsweise CDs und Partituren.

 In seinem Hifi-Schrank verstaut der Dirigent und Pianist Dirk Joeres zahlreiche Noten und unterschiedliche Tonträger.

In seinem Hifi-Schrank verstaut der Dirigent und Pianist Dirk Joeres zahlreiche Noten und unterschiedliche Tonträger.

Foto: Uwe Miserius

BERGISCH NEUKIRCHEN Die klassische Schublade im Schreibtisch hat Dirk Joeres nicht. Doch der Dirigent und Pianist lässt uns hinter die Türen seines Hifi-Schranks blicken, die einen ganzen Schubladenturm verbergen, und macht ein Fach auf. Darin liegt der Klavierauszug von Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr.4, das er zur Saisoneröffnung im September im Forum dirigieren wird.

Die anderen Schubladen sind gefüllt mit eigenen Aufnahmen, auch die neuste CD ist dabei, die seit 28. Mai im Handel ist. Es ist die zweite Folge der Reihe "Beethoven Today" mit sämtlichen Beethoven-Sinfonien. Dieses Mal hat Joeres, der Klavier und Dirigieren in Berlin, Köln, London, und ein Jahr in Paris bei der französischen Komponistin und Dirigentin Nadia Boulanger studiert hat, mit seiner Westdeutschen Sinfonia Leverkusen die Nummer drei mit dem Beinamen "Eroica" aufgenommen und sie kombiniert mit den "Eroica-Variationen"Op. 35. Die 15 Klavier-Variationen plus Fuge spielt Joeres selbst.

Das Besondere an dieser Aufnahme ist die Bonus-DVD, mit der sich der Dirigent an seine Zuhörer wendet, um ihnen Aufbau, Entstehung und Hintergründe der Musik näher zu bringen. "Musikvermittlung, das ist mein großes Anliegen", sagt der Mann, der genau das seit zehn Jahren an jedem der vier Klassiksonntage pro Saison von KulturStadtLev tut. Die "Erfindung" dieses Formats mit Einführungsmatinee im Schloss, offener Probe am Nachmittag und Sinfoniekonzert am Abend ist nach wie vor Alleinstellungsmerkmal im Kulturbetrieb. "Wer mehr weiß, der hört auch mehr", sagt er überzeugt.

Wer sich über den steigenden Altersdurchschnitt des Konzertpublikums sorge, müsse gegensteuern, um den Zugang zur klassischen Musik zu erleichtern. Das versucht Joeres, indem er die Beweggründe des Komponisten (im Falle der Eroica Französische Revolution und Napoleon-Faszination) erläutert und mit welchen musikalischen Mitteln diese Stimmung ausgedrückt wird. Und er macht deutlich, wie Beethoven gerungen hat um einzelne Takte und Harmonien. Dabei hat er versucht, die Fachwörter auf ein Minimum zu beschränken.

Wie die DVD zur ersten Beethoven-CD ist auch diese in englischen Sprache aufgenommen, hat aber nun deutsche Untertitel, was die Zielgruppe zu erweitert. Wie bei der Matinee an Klassiksonntagen, an denen Joeres die Theorie allerdings im Gespräch mit dem Musik-Dramaturgen Horst Scholz vermittelt, wird auch auf der DVD der Wortbeitrag durch Musikbeispiele oder Bilder veranschaulicht. Den reinen Text kann außerdem jeder nochmals im umfangreichen Booklet nachlesen. In diesem Doppelpack von (vital und durchsichtig gespielter) Musik plus Erläuterungen sieht Dirk Joeres übrigens die entscheidende Berechtigung, mehreren Hundert Beethoven-Einspielungen noch eine weitere Gesamtaufnahme der Sinfonien hinzuzufügen. Denn in dieser Form gab es noch keine, was das Interesse der internationalen Fachpresse schon an der ersten Folge mit den Sinfonien Nr. 1 und 2 erklärt.

Die Neuerscheinung war dem ältesten britischen Musikmagazin "Musical Opinion" ein Artikel wert. Auch wegen der bisher einmaligen Kombination der Sinfonie mit den seltener aufgeführten, technisch anspruchsvollen Klaviervariationen eines exzentrischen Beethovens - die Parallelen werden auf der DVD erklärt.

Aufgenommen wurde die Musik immer im Forum im Zusammenhang mit den Klassiksonntagen. Die nächsten Sinfonien sind bereits konserviert und nach dem Konzert am 30. September wird die Nummer sieben eingespielt. In einer anderen Schublade liegen die nächsten Reisepläne mit der Westdeutschen Sinfonia, erzählt Joeres. Am 18. November spielt das Orchester mit Standbein in Leverkusen im Münchener Prinzregententheater.

Und weil im Konzertbetrieb frühzeitig geplant wird, werden schon Absprachen für die übernächste Saison getroffen. Joeres wird erneut als Gastdirigent nach Korea reisen. Mit seinem Orchester möchte er gerne auf England-Tournee gehen.

(mkl)
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