Serie Türöffner Ein Blick ins Allerheiligste der katholischen Kirche

Leverkusen · Zum Advent gehört auch das Öffnen von Türen. In unserer Serie stellen wir Menschen vor, die anderen Menschen Türen öffnen. Diesmal: Küsterin Marie-Luise Schöllmann.

 Marie Luise Schöllmann öffnet die Türen des Tabernakels in der St.-Remigius-Kirche. Darin liegen die geweihten Hostien und die Altarsakramente.

Marie Luise Schöllmann öffnet die Türen des Tabernakels in der St.-Remigius-Kirche. Darin liegen die geweihten Hostien und die Altarsakramente.

Foto: Miserius

Opladen Dort, wo Marie-Luise Schöllmann morgens die Türen aufschließt, wird das Leben in all seinen Facetten zelebriert: Mann und Frau schließen den Bund fürs Leben, der Nachwuchs empfängt die Gnade Gottes, und Verstorbene erhalten den letzten Abschied. Ein besonderer Ort, über den die 62-Jährige als Küsterin wacht.

Seit 15 Jahren kommt Schöllmann mehrmals täglich in die Kirche St. Remigius, schließt die Türen zum Gotteshaus morgens auf und abends wieder zu. "Bei uns ist jeder willkommen", sagt die Küsterin. Nur abends müssen wir leider abschließen, damit hier nachts kein Unfug getrieben wird." So lange sie Küsterin ist, sei nichts Schlimmes in der Kirche passiert, und verschlafen habe sie auch noch nie. "Obwohl ich schon mal davon geträumt habe, dass ich verschlief und die Leute vor verschlossenen Türen standen. Das war ein Chaos! Aber Gottseidank ist mir das nie wirklich passiert."

Nur an einem Wochenendmorgen vor einigen Jahren kann sie sich erinnern, wo sie einige Minuten zu spät kam: "Es war plötzlich spiegelglatt geworden. Mein Mann begleitete mich damals noch. Eigentlich wären wir mit dem Auto zur Kirche gefahren." Schöllmann wohnt knapp zwei Kilometer von St. Remigius entfernt. "Doch es war so unmöglich glatt, dass wir beschlossen, zu Fuß zu gehen." Die Bürgersteige waren vereist, so dass sie langsamen Schrittes über die Straße gingen. "Als wir ankamen, war die Kirche schon längst erleuchtet und der Pastor fragte uns, wieso wir in dieser Situation überhaupt gekommen waren. Doch ich konnte ja nicht einfach gar nicht erscheinen. An diesem Tag habe ich wirklich Blut geschwitzt."

An eine schöne Anekdote aus ihrer Anfangszeit erinnert sie sich auch noch lebhaft. "Da öffnete ich eines morgens die Türen, und eine ganze Schulklasse kam mir entgegen", erzählt sie. "Der Pastor hatte sie eingeladen, führte sie durch die Kirche und stellte mich vor, sagte: 'Und das ist unsere Küsterin.'" Daraufhin habe eines der Kinder sie etwas verwundert angeschaut und den Pastor gefragt: "Küsst sie auch?" Schöllmann lacht. "Das werde ich nicht vergessen."

Als Küsterin wacht die 62-Jährige zudem nicht nur über die Türen zum Gotteshaus, sondern auch über das Allerheiligste. Das verbirgt sich gut geschützt im Tabernakel: "Hier liegen die geweihten Hostien, der Leib Christi, und die Altarsakramente. Darauf passe ich besonders gut auf." Nur einmal im Jahr, zwischen Gründonnerstag und Karfreitag, bleibt die Kirche die ganze Nacht lang auf, auch das Tabernakel. "Es besitzt zwei Türen. Diese werden geöffnet, damit jeder hineinschauen kann", erklärt die Küsterin. "Das ist etwas Besonderes."

(RP)
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