Doppelausstellung im Museum Morsbroich Über den roten Teppich in die Welt des Films

Leverkusen · Das Museum Morsbroich zeigt ab Sonntag aktuelle Arbeiten von Matthias Wollgast und Manuel Graf zur Frage nach Realität und Fiktion. Es geht um die Macht der Bilder, aber auch um den Preis von Sponsoring in der Kunst.

 Matthias Wollgast hat im Museum Morsbroich das Kellerkabinett eines Wissenschaftlers als Filmset installiert.

Matthias Wollgast hat im Museum Morsbroich das Kellerkabinett eines Wissenschaftlers als Filmset installiert.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Einmal über den besagten roten Teppich schreiten, der von dicken roten Kordeln an vergoldeten Ständern gesäumt ist. Sich als Premierenbesucher eines Filmfestivals fühlen und vor der Präsentationswand fotografieren lassen. Dazu haben alle Gelegenheit, wenn sie die neue Doppelausstellung „Reale Fiktionen & ebensolche Simulationen“ besuchen, die am Sonntag im Museum Morsbroich eröffnet wird.

Mit einem sinnlichen, erlebbaren Einstieg empfängt Matthias Wollgast die Betrachter in der ersten Etage des Schlosses und nutzt die derzeitige Notwendigkeit der Markierung vorgeschriebener Rundwege für das Konzept seines Filmprojekts, das er noch nie so umfänglich vorgestellt hat. Bewusst konfrontiert er die Besucher sowohl mit vertrauten Bildern aus den Medien und selbst erlebten Situationen beim Betreten eines Kinos mit Plakaten-Flyern und Popcornmaschine im Foyer. In einem Studio-Raum kann man einen Talk mit einer Regisseurin erleben, der tatsächlich aber vor identischer Kulisse auf der Videowand abläuft.

Was ist real und was Fiktion? Die Unterscheidung fällt mitunter schwer. Beruhen unsere Informationen auf solider Berichterstattung oder auf Fake News? Um diese Fragen geht es in beiden Positionen, die zwei Künstler auf jeweils einer ganzen Etage des Schlosses mit unterschiedlichen Medien und Techniken eingerichtet haben.

Matthias Wollgast dreht die Frage um: „Wieviel Fiktion ist unsere Realität?“ Woher kommt es, dass wir Dinge glauben? Die Menschheit ist nämlich von Bildern geprägt, er als bildender Künstler vielleicht in besonderem Maße. Das wird immer wieder hinterfragt, wenn er am Beispiel eines Filmprojekts aus unterschiedlichen Blickwinkeln darauf hinweist. Der doppelte Wortsinn von „Geschichte“ mache es deutlich. Zum einen meint man damit die Historie und zum anderen die erzählte Story als Narrativ. Wollgast zeigt in der ersten Museums-Etage das, was der Kinobesucher sonst nicht zu sehen bekommt: das Making of mit Modell und Nachbau eines Film-Settings oder Modellzeichnungen, die Vorschau, die Geschichte dahinter und die Rezeptionsgeschichte mit fiktiven Magazinbeiträgen. Ein Spiel mit verbergen und zeigen.

Weniger sinnlich angelegt ist die Arbeit im Erdgeschoss, die Manuel Graf konzipiert und mit Hilfe seiner Studenten umgesetzt hat. Er stellte zwei große digitale Leuchtwände in den barocken Spiegelsaal, um auf die Abhängigkeiten von der Wirtschaft deutlich zu machen. Nicht zuletzt in der aktuellen Situation des Hauses, das seine Ausstellungstätigkeit nur noch mit Sponsoring und Fremdnutzung/Vermietung fortsetzen kann.

„Kunst erkauft sich ihre Freiheit relativ teuer durch Unwirksamkeit“, sagt er. Angeregt von der aktuellen „kulturpolitischen Schräglage“ hat er, auch mit Hilfe des Stadtarchivs, die Geschichte des Museums recherchiert und festgestellt, dass die legendären Ausstellungen der 1960er Jahre nur unzureichend dokumentiert sind. Er fand Versicherungslisten und Ordner mit Rechnungen, einzelne Abbildungen in Katalogen, die nur wenig vom Gefühl der Zeit vermitteln. Fehlende Fotodokumente stellte er nach mit Aufnahmen aus anderen Häusern oder Nachbauten. Ein Rundgang, der Zeit braucht und sich nur mit Erklärung erschließt.

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