Leverkusen Die von-Diergardt-Grabstelle verkommt

Leverkusen · Die als Sehenswürdigkeit und "historische Stätte der Stadt Leverkusen" gerühmte Grabstelle an Schloss Morsbroich verkommt immer mehr. Der Eigentümer des Waldes prüft jetzt, ob er auch für die Grabstättenpflege zuständig ist.

 Die denkmalgeschützte Familiengrabstätte der von Diergardts verkommt immer mehr. Sie wächst zu und verdreckt, seitdem sich niemand mehr darum kümmert.

Die denkmalgeschützte Familiengrabstätte der von Diergardts verkommt immer mehr. Sie wächst zu und verdreckt, seitdem sich niemand mehr darum kümmert.

Foto: uwe Miserius

Auf ihre historischen Gebäude und Stätten ist die Stadt Leverkusen eigentlich stolz: eigentlich. Denn die Erbbegräbnisstätte der Familie von Diergardt, die seit 1857 das Schloss Morsbroich in Besitz hatte, sieht gar nicht gut aus. Sie ist mitsamt der Grünfläche und dem Rundweg, auf den eigens als Sehenswürdigkeit hingewiesen wird, in einem desolaten Zustand.

 Ein Drehkreuz, das nicht mehr zu drehen ist, ein Weg, der nicht mehr zu erkennen ist.

Ein Drehkreuz, das nicht mehr zu drehen ist, ein Weg, der nicht mehr zu erkennen ist.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Die übrigens 1984 unter Denkmalsschutz gestellte Grabstelle ist regelrecht zugewachsen. Der Weg dorthin ist voller Matsch und kaum noch begehbar. Das Drehkreuz vor dem Rundweg lässt sich nicht mehr drehen.

Auf Nachfrage der RP, wer für den miserablen Pflegezustand der Erbbegräbnisstätte zuständig sei, sagte die Pressesprecherin der Stadt, Heike Fritsch: "Es handelt sich um ein privates Grab und einen privaten Wald." Bislang hatte ein Witzheldener, der in die Familie von Diergardt eingeheiratet hatte, die Grabstelle gepflegt. Nach Unstimmigkeiten in der Familie sei ihm das aber untersagt worden, berichtete der Mann der RP.

Laut Lieselotte von Diergardt, die die RP am Freitag telefonisch in Toronto erreichte, hat ihre Familie den Wald mitsamt des Grabmales 2011 an den Immobilienkaufmann Wilfried Hilgert in Porz verkauft. Auch Leopold Freiherr von Diergardt, der in Düsseldorf lebt, weiß, dass die Grabstätte längst nicht mehr in Familienbesitz ist und deshalb auch Umbettungen stattgefunden haben.

Er sei aber sehr interessiert daran, dass der Familienfriedhof in einem guten Pflegezustand gehalten werde. In einem vergleichbaren Fall in Viersen habe er für eine Familiengrabstätte der von Diergardts einen Förderverein gegründet und gemeinsam mit der Stadt dort erreicht, dass die Stätte ins Kataster für die Grünflächenpflege aufgenommen worden sei.

Leopold von Diergardt hat als Kind noch in Leverkusen gelebt. Aus späteren Jahren erinnert er sich daran, dass seine Familie die Grabstätte von Düsseldorf aus nicht mehr im Blick halten konnte: "Es gab dort immer wieder Probleme mit Vandalismus. Graffiti wurden auf die Grabsteine gesprüht, und es lagen sogar Spritzen herum." Geza von Diergardt, der mit seiner Ehefrau Lieselotte in Kanada lebt, hatte den "Bürgerbusch", wie der Wald heißt, in dem sich das Familiengrab befindet, inzwischen an den Porzer Immobilien-Kaufmann Hilgert veräußert, wie der Vermögensverwalter der von Diergardts, Tobias Hörl aus München, gestern der RP telefonisch betätigte. Wilfried Hilgert war allerdings von der Nachricht, dass der denkmalgeschützte Friedhof auf seinem Grund und Boden immer mehr verwahrlost, überrascht: Er wisse gar nicht, dass sich eine solche Grabstätte in seinem Besitz befinde. Bei 3,7 Millionen Quadratmetern könne er nicht den Überblick haben, räumte er ein.

Hilgert sicherte aber zu, er werde prüfen lassen, ob ihm die Parzelle mit der Grabstätte tatsächlich gehöre. Er habe einen Mitarbeiter in Leverkusen, der sich um den tatsächlich von ihm gekauften Wald an Schloss Morsbroich kümmere. Und wenn sich herausstelle, dass ihm die Parzelle gehöre, dann werde er natürlich dafür sorgen, dass der Friedhof auch gepflegt werde, versprach Hilgert. Leopold von Diergardt konnte am Freitag übrigens spontan ein aufschlussreiches Dokument aus dem Jahre 1975 aus seinen Familienakten "hervorzaubern": Darin geht es um den Verkauf des Schlosses Morsbroich an die Stadt Leverkusen und den Privatbegräbnisplatz der Familie von Diergardt. Der Regierungspräsident Düsseldorf hatte nämlich seinerzeit die Zustimmung zum Verkauf des Schlosses von bestimmten Auflagen zur Grabstelle abhängig gemacht. So musste sich die Stadt Leverkusen 1975 auf Weisung des Regierungspräsidenten unter anderem verpflichten: "Wir erkennen an, dass diese Familiengrabstätte im Einklang mit allen Bestattungswesen regelnden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen steht. Wir werden alles unterlassen, was zu einer Beeinträchtigung des derzeitigen Zustandes dieser Familiengrabstätte führen könnte." Außerdem hatte der Regierungspräsident verfügt, dass der "vorhandene Wald ungeschmälert erhalten bleibt."

Diese Verpflichtungen besagten zwar nichts über die Pflege der Grabstätte, räumt Leopold von Diergardt ein. Er meine aber, dass die Stadt Leverkusen dennoch so etwas wie eine moralische Pflicht habe, diese denkmalgeschützte Stätte in einem guten Zustand zu erhalten.

(RP)
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