Leverkusen Die Trickser von der Autobahn

Leverkusen · Der Streit zum Ausbau des Autobahnkreuzes hat Emotionen ausgelöst wie kaum ein anderes Ereignis. Jetzt kursieren Papiere aus Ministerien, die möglicherweise belegen, dass die Bürger gezielt dumm gehalten wurden.

Der riesige Protest gegen den "Überflieger" für das Leverkusener Autobahnkreuz hat die Verantwortlichen, vor allem auf politischen Posten, wohl überrascht. Bekanntermaßen wurde diese Straßenbaulösung verworfen, womit auch die Kleingartenanlage Bernshecke gerettet ist. Inzwischen machen aber Papiere und Informationen aus Landes- und Bundesministerien die Runde, die vermuten lassen, dass für das Kreuz noch viel größere Umbauten vorgesehen waren. Die Autobahnen 1 und 3 sollten nicht durch einen, sondern durch mehrere Überflieger optimiert werden. Das wäre die gigantische Spaghetti-Knotenvariante in der Art des Kreuzes Leverkusen-West geworden. Dies wollten jedenfalls die Planer des zuständigen NRW-Landesbetriebs Straßenbau.

Aus den jetzt bekannt gewordenen internen Berichten geht aber auch hervor, dass die Bürger trotz zunehmender Proteste bewusst nicht rechtzeitig informiert wurden. Selbst die Leverkusener Stadtspitze soll — zumindest offiziell — verspätet Kenntnis von neuen Planungsüberlegungen bekommen haben. Ob auf parteipolitischer (SPD-)Schiene mehr Transparenz herrschte? So soll nach unseren Informationen ein Ministeriumsvertreter notiert haben: Schon vor der Demonstration der Bernshecke-Kleingärtner (am Samstag, 12. Mai) habe festgestanden, dass die Überflieger-Variante für das Autobahnkreuz nicht mehr gebaut werden soll. Der Widerstand der Bürger lief also im Prinzip ins Leere, weil zu dieser Zeit der "Überflieger" kein Thema mehr war.

Denn an dem Montag, 14. Mai, als die Zeitungen voll von Protestberichten waren, verfasste ein Ministeriums-Mitarbeiter ein brisantes internes Schreiben. Darin erläutert der Mann, dass längst das Umbaukonzept für das Autobahnkreuz überprüft worden sei — mit dem Ergebnis, dass alle neuen Fahrbahnen auf Bundesgelände Platz finden können. Bedeutete: Die Autobahnbehörde konnte leicht auf die Zwangsenteignung der Stadt und der Kleingärtner verzichten. Die Planer hatten sich nämlich dazu entschlossen, ein Gesamtkonzept — man höre und staune — für die Optimierung des Autobahnkreuzes zu erstellen, statt mehrere Baustufen zu durchlaufen (Wir berichteten).

Dies alles wussten die unteren Etagen im NRW-Ministerium und die Mitarbeiter des Landesbetriebs Straße NRW längst. Das neue Konzept war zu diesem Zeitpunkt schon mit dem Landesbetrieb und dem Bundesbauministerium besprochen und für gut befunden worden. Fast nebenbei soll in dem Papier stehen, dass die Stadt Leverkusen nicht informiert worden sei, da ja für 21. Mai ein Gespräch terminiert war.

Seltsamerweise verweist das Schreiben vom 14. Mai auf einen fertigen Presseinfotext. Und: Seltsamerweise verkündete SPD-Bundestagsmitglied Karl Lauterbach — quasi als Retter der Kleingärtner — am selben Montag, dass die "Überflieger-Pläne" aufgegeben worden seien. Hat da ein Genosse den anderen informiert? Gleichzeitig hatte das NRW-Ministerium seiner Behörde, dem Landesbetrieb Straßenbau verboten, von sich aus die Bürger zu informieren. Selbst eine interne Mitteilung an die Stadt war der Landesbehörde untersagt.

(RP)
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