Leverkusen Die Romeos und Julias aus Wuppertal

Leverkusen · Julia ist schwanger! Und ihren Romeo kann sie vergessen, der unterstellt nämlich, dass in Wirklichkeit sein bester Freund der Erzeuger des Kindes sei. Geht die Geschichte noch gut aus? Besser als die des klassischen Liebespaares schlechthin? Besucher der Aufführung "Liebe spür ich überall" im Erholungshaus werden es erleben. Shakespeares literarisches Denkmal gab die Namen vor und das Problem mit der ersten großen Liebe. Nicht wegen verfeindeter Familien, sondern weil die Hormone verrückt spielen, weil Verantwortung mühsam gelernt werden muss, weil es zu Konflikten kommt, wenn sich Eltern und beste Freunde einmischen.

 Schauspieler Gernot Schmidt (vorne rechts) feilte mit den Jugendlichen an der Inszenierung des Stücks "Liebe spür ich überall".

Schauspieler Gernot Schmidt (vorne rechts) feilte mit den Jugendlichen an der Inszenierung des Stücks "Liebe spür ich überall".

Foto: Ralph Matzerath

"Liebe spür ich überall", das ist die Geschichte von Romeo und Julia in Wuppertal 2016. Auf der Bühne stehen keine ausgebildeten Schauspieler, sondern zehn Jugendliche, die eine Förderschule in Wuppertal besuchen. Und sie haben keine auswendig gelernten Texte, kein Drehbuch, an das sie sich klammern können, sondern nur einen abgesprochenen Szene-Fahrplan und Rollenzuweisungen. Auch wechselt die Besetzung von Romeo und Julia mehrfach, erkennbar ist das Paar an großen Brillen. Die Dialoge werden improvisiert und bleiben so lebendig und frisch, selbst nach der zehnten Wiederholung. Schauspieler Gernot Schmidt greift immer wieder ein, um an Geschichte und szenischer Umsetzung zu feilen, bis sich heute die Saal-Türen zur öffentlichen Generalprobe öffnen. Zwei Gesangsnummern und kleine Choreographien hat Marie Enganemben mit den Schülern geprobt.

Vor einem halben Jahr hat die Arbeit mit den Jugendlichen begonnen. Es gab vorher kein Casting, denn hier sollte nicht noch ein weiterer deutscher Superstar entdeckt werden. Sinn und Zweck dieses theaterpädagogischen Projekts ist nicht, dass sich Einzelne vor Publikum präsentieren, sondern dass sie sensibel werden und die anderen wahrnehmen. Dass sie selbst verlässlich sind und sich auf die anderen im Team verlassen können, weil alle zusammen am selben Ziel arbeiten. "Hier muss man aus dem Quark kommen" beschreibt ein potenzieller Romeo, was diese Theaterarbeit konkret gebracht hat. Denn sonst hängen die anderen in der Luft. Dass sich Umsicht und Teamfähigkeit in solchen Projekten viel besser entwickelt als im normalen Unterricht weiß der inzwischen pensionierte Schulleiter Thomas Zöllner nur zu gut. Deswegen begleitet er die Gruppe pädagogisch und hält Schmidt so den Rücken frei. Deswegen hat auch Bayer Kultur dieses Projekt gefördert und die Endproben begleitet, inklusive professioneller Bühnentechnik.

Die Premiere ist bereits ausverkauft. Freie Plätze gibt es noch bei der öffentlichen Generalprobe heute um 11 Uhr und die zweite Schulvorstellung am 13. Juni um 11 Uhr. Kartenbüro 0214 30412-83/-84.

(mkl)
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