Leverkusen Die grüne Stadt, die (noch) keiner kennt

Leverkusen · Die Gleichung "Leverkusen = Bayer" gilt außerhalb weithin. Dass die Stadt neben Schloten vor allem durch Grün glänzt, wissen Leverkusener zu schätzen. Bis es die Außenwelt weiß, wird es noch Jahre dauern, sagt der Oberbürgermeister.

Grüne Lunge - Der Neulandpark
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Einfahrt über die A3 nach Leverkusen — zu sehen: Schlote. Einfahrt über die A1 aus Köln nach Leverkusen — zu sehen: Schlote. Anfahrt über die B 8 zu sehen: der Chempark. Mit Schloten. Und doch: Leverkusen ist "verdammt grün", beharrt Lothar Schmitz. Klar, der Mann ist Chef des Fachbereichs Stadtgrün, das muss er also sagen, schon von Amts wegen. Aber: Lothar Schmitz belegt seine spontane Anmerkung glaubwürdig: "Wenn Gäste nach Leverkusen kommen, zum Beispiel zu Arbeitskreisen, dann kommen sie mit der Vorstellung ,Leverkusen, das ist das Bayer-Kreuz, rauchende Schlote und ein Fußballverein'. Sind sie dann hier, kommt der Kommentar: ,Ist ja ganz schön grün hier'", berichtet Schmitz und setzt hinzu: "Trotzdem hat es Leverkusen noch nicht ganz geschafft, sein Chemie-Stadt-Image ganz über Bord zu werfen."

Dass Leverkusen mehr Grün zu bieten hat als Schlote belegt auch eine aktuelle nicht repräsentative Umfrage der Rheinischen Post. Bei den Antwortmöglichkeiten zur Frage: "Was mach Leverkusen lebenswert?" entschieden sich die meisten der knapp 900 Teilnehmer für die "Grünzonen" — mit weitem Vorsprung vor den anderen Antwortmöglichkeiten wie etwa Werkself oder der Rathaus-Galerie.

Dass viele Leverkusener ihre Stadt für grün halten, dazu hat eine stetige Begrünung der Stadt in den vergangenen 20 Jahren beigetragen — vor allem die Chance der Landesgartenschau 2005, ist Lothar Schmitz überzeugt. "Eine Gartenschau auszurichten, ist einmalig", sagt der Amtsleiter. Dafür habe es Geld gebraucht und viel Fläche. Und das Ex-Laga-Gelände lockt unter dem Nachfolgenamen Neulandpark immer noch Erholungsgäste. Busweise. "Im Sommer kommen jede Woche viele Kölner zur Stadtranderholung hierher", berichtet Schmitz. "Ein Pfarrer mit Mitgliedern seiner Kirchengemeinde reist immer per Bus an, den er selbst lenkt."

Neulandpark. Und was gibt's noch? Allein das Grünflächenamt pflegt und betreut mit 150 Mitarbeitern und weiteren Helfern in Leverkusen 446 Hektar Grünes. Pflegeflächen heißt das im Fachjargon. In einer aktuellen Aufstellung sind 156 Hektar Parkanlagen genannt, Schmitz ergänzt: "In der Stadt werden 53 Flächen als Park gezählt." 84 Hektar macht das Straßenbegleitgrün aus, 42 Hektar wie etwa Wiesenflächen sind so genanntes Landschaftsgrün. Dazu kommen 21 Hektar Biotope — und 59 Hektar Friedhöfe. Auch die zählen zu den Erholungsräumen in der Stadt.

"Das Umfeld schöner und sicherer machen"

Und doch, das Industrie-Image klebt in der Außenwirkung an der Stadt. Dessen ist sich auch Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn bewusst. Empfängt er im Büro in der fünften Etage im Wiesdorfer Rathaus auswärtige Gäste, führt er sie zuerst ans Fenster. "Und obwohl wir mitten in Wiesdorf sind, sehen die dann nicht eine graue Stadt, die Leverkusen oft in der Öffentlichkeit ist, sondern eben sehr viel Grün", sagt Buchhorn. Dann zählt er die "wunderbaren" Parks auf, den Bürgerbusch, die Friedhöfe Reuschenberg und Birkenberg, die Höhen, die ins Bergische ragen, den Scherfenbrand und die Waldsiedlung in Schlebusch, die Rehbockanlage in Opladen, die Grünzonen in Hitdorf, Schloss Morsbroich ("Schade finde ich, dass selbst viele Leverkusener noch nie im Schloss waren").

Selbst dort, wo in Leverkusen tatsächlich viele Schlote auf einem Fleck versammelt sind, zieht mehr und mehr Grün ein: im Chempark. Wo früher der Pförtner 2 einen Durchgang durch den Werkszaun markierte, ist — nach der Zurücksetzung des Werkszauns — ein offen zugänglicher Platz entstanden, der auch in einer Innenstadt einen guten Eindruck machte. Ein großer Kiosk, zwei Banken, ein Reisebüro... fast schon ein kleines Handelszentrum ist entstanden, dazu eine geänderte Verkehrsführung. Bänke fehlen noch. Bayer nennt das: "Das Umfeld schöner und sicherer machen", sagt Sprecher Hans-Bernd Schmitz und ergänzt: "Der Platz wird noch begrünt. Ebenso wird der Carl-Duisberg-Park erweitert — um die Fläche, auf der bisher das Bayer-Hochhaus stand."

Draußen, hinter der Leverkusener Ortsgrenze ahnen die Wenigsten Natur in Leverkusen. Buchhorn antwortet auf die Frage, warum Externe um Industrie, aber nicht ums Grün in der Stadt wissen: "Viele von außen realisieren das nicht, weil sie sich nicht damit befassen. Wenn ich mit dem ICE an Wolfsburg vorbeifahre, sehe ich auch nur VW, viele Autos, viele Parkplätze. Als Außenstehender verfolgt man gerne Klischees." Im Falle Leverkusens gelte immer noch das Klischee "Leverkusen = Bayer."

Buchhorn gibt zu, dass die Stadt derzeit an der Außenwirkung nichts ändert. "Unser Stadtmarketing ist in der Tat verbesserungswürdig. Aber derzeit müssen wir wirklich sparen." Also bleibt Leverkusen, was es ist, die verkannte Grüne Stadt? Buchhorn sieht den Silberbstreifen am Horizont: "Ab 2017, wenn wir wieder mehr Geld haben, werden wir das Stadtmarketing deutlich stärken und so auch ganz klar die Außenwirkung ändern."

(RP)
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