Serie: Wir Öffnen Schubladen Die Archivarin hat was auf dem Kasten

Leverkusen · Im Stadtarchiv geht es um das Bewahren von Historie und um eine wichtige Dienstleistung für die Stadtverwaltung. Ein Besuch.

 Gabriele John leitet das Stadtarchiv Leverkusen und sortiert Fotos und Zeitungsartikel in Schubladen.

Gabriele John leitet das Stadtarchiv Leverkusen und sortiert Fotos und Zeitungsartikel in Schubladen.

Foto: Uwe Miserius

Sachen einfach in der Schublade verschwinden lassen, das geht im ehemaligen Landratsamt nicht. "Unordnung darf gar nicht sein in einem Archiv", erklärt Werner Schäfer, dienstältester Mitarbeiter und rechte Hand von Leiterin Gabriele John. "Man muss schließlich alles wiederfinden", setzt sie hinzu, und das möglichst schnell. Wenn etwa Besucher zu den festen Öffnungszeiten ins Haus kommen, um Lücken im Familienstammbaum zu füllen oder auf der Suche nach Fotos, Karten und Zeitungsausschnitten für die Vereins-Chronik. Montags, donnerstags und freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr, donnerstags außerdem von 14 bis 16 Uhr können sie im Besucherraum Platz nehmen und dort die Unterlagen sichten. Nach Anmeldung liegen die entsprechenden Stapel bereits auf dem Tisch.

Wie findet man das richtige Archivgut zum Thema

Archivalien zu einem bestimmten Thema zu finden, das geht natürlich nur, wenn ständig alles ganz ordentlich nach einem festen System einsortiert wurde. Und zwar in Schubladen recht unterschiedlicher Größe. Eine kleine reicht zum täglichen Vorsortieren der regionalen Zeitungsausschnitte, die anschließend unter Themen oder Personen in größeren Papp-Schubern und Hängeordnern im Erdgeschoss einsortiert werden.

"Das ist zeitaufwendig", gibt Gabriele John zu. Aber gerade Zeitungsberichte sind sehr aufschlussreich bei Rückblicken in die Vergangenheit. So lange ihr Team das leisten könne, werde man es auf jeden Fall beibehalten. In vielen Themen-Schubladen wird bereits seit Jahrzehnten gesammelt. Nicht immer falle das Einsortieren ganz leicht. Und manchmal müssen einfach neue Schubladen aufgemacht werden, um die Übersicht zu behalten. Gerade hatte sie mit ihren Mitarbeitern abgesprochen, dass die Proteste um Brücken- und Autobahnbau eine eigene Abteilung bekommen müssen.

Wie die Zeitungen sind auch Fotos und Mikrofilme im historischen Gemäuer untergebracht, das zwar sehr schöne, aber keine klimatisierten Räume hat. Das Erdgeschoss lässt sich wenigstens durch heruntergelassene Rollläden auch im Sommer einigermaßen kühl halten. Es gibt flache Schubladen für Karten oder Plakate und Platz für Gegenstände von historischem Wert und direktem Bezug zur Stadtgeschichte. Vieles ist von Vereinen, Privatleuten, Unternehmen und Familien ins Haus gelangt und kann bei Bedarf ausgeliehen werden. Beispielsweise für Ausstellungen an die Geschichtsvereine, die regelmäßiger Gast im Haus sind, wenn sie sich auf historische Spuren begeben. Die beste Ansammlung von ordentlich abgelegten Archivalien ist nur die Hälfte wert ohne die Personen, die sich seit Jahren damit beschäftigen und so vieles im Kopf haben. Die Geschichten zur Geschichte kennen und Personen auf Bildern wiedererkennen. Das ist bei Gabriele John und ebenso bei Werner Schäfer der Fall. Vielleicht weil sie "in Schubladen denken", wie John meint.

180 laufende Meter Akten kommen jährlich dazu

Doch das Bewahren von Stadthistorie ist nur das eine Standbein des Stadtarchivs, das als Abteilung dem Eigenbetrieb KulturStadtLev angegliedert ist. Hauptaufgabe ist die Dienstleitung für die Verwaltung, die hier sämtliche Akten zwischen- und endlagert. 180 laufende Meter kommen hier jährlich an, müssen sortiert und in den großen Rollanlagen im moderneren Nachbarhaus archiviert werden. Und zwar so, dass man sie bei Bedarf schnell wiederfindet. Beispielsweise wenn Nachweise bei Rechtsstreitigkeiten im Straßenbau gebraucht werden. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist wird alles noch einmal in die Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Das meiste wird dann vernichtet, fünf bis zehn Prozent bleiben dauerhaft im Archiv. "Sonst würden wir ersticken", sagt John. Das glaubt ihr jeder, der die vielen gefüllten Kartons im Foyer sieht, wo es immer aussieht wie beim Umzug.

(mkl)
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