Verband und Bayer in Leverkusen raten zur Vorsorge Diabetes-Patienten droht Sehverlust

Leverkusen · Chronische Augenerkrankungen wie das diabetische Makulaödem können zu einem schleichenden Sehverlust führen. Eine frühe und konsequente Behandlung kann die Sehkraft erhalten und bei vielen Patienten sogar wieder verbessern. Deshalb sind regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt wichtig. Tipps gibt es vom Blinden- und Sehbehindertenverband und von Bayer.

 Menschen mit Diabetes mellitus sollten regelmäßig den Augenarzt aufsuchen.

Menschen mit Diabetes mellitus sollten regelmäßig den Augenarzt aufsuchen.

Foto: RP/KGS

Für die meisten von uns ist es selbstverständlich: Wir fahren Rad, gehen wandern und genießen einen schönen Ausblick über den See. Dabei entdecken wir die Welt mit den eigenen Augen. Ein Vergnügen, das Menschen mit Sehbehinderung nur eingeschränkt oder gar nicht kennen. Auch im Alltag müssen sie Hürden überwinden, die für Menschen mit gesunden Augen oft schwer vorstellbar sind. Deshalb macht der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) jedes Jahr Anfang Juni auf die Herausforderungen und Bedürfnisse von Sehbehinderten aufmerksam. Vorsorge und Hilfsangebote für Betroffene sowie deren Angehörige stehen dabei im Vordergrund. Dabei kooperiert der Verband unter anderem mit dem Leverkusener Bayer-Konzern.

Eine der häufigsten Augenerkrankungen im erwerbsfähigen Alter ist das diabetische Makulaödem – eine Folgeerkrankung des Diabetes mellitus. Ein Angebot für Informationen rund um die Themen Augen und Diabetes und hilfreiche Tipps für den Alltag bietet die Initiative „Das Diabetische Auge“ mit der dazugehörenden Webseite www.das-diabetische-auge.de.

Das Thema Vorsorge ist entscheidend bei chronischen Augenerkrankungen wie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (fAMD) oder dem diabetischen Makulaödem (DMÖ). Denn Augenerkrankungen sind häufig bereits weit fortgeschritten, wenn der Betroffene erste Veränderungen wahrnimmt. Beispielsweise kann Diabetes mellitus mit der Zeit sprichwörtlich ins Auge gehen. Diese Erfahrung musste zum Beispiel Hedi E. (71) machen, die seit 50 Jahren an Diabetes erkrankt ist. Irgendwann bemerkte sie, dass sie beim Autofahren Probleme hatte: „Ich konnte plötzlich Straßenschilder schlechter lesen.“ Auch ihr liebstes Hobby, das Malen, ging Hedi E. nicht mehr so leicht von der Hand. Eine Routineuntersuchung brachte die Ursache an den Tag: „Meine Ärztin stellte fest, dass der Diabetes meine Augen geschädigt hat und ich Gefahr lief zu erblinden.“

 So sieht jemand mit voller Sehkraft.

So sieht jemand mit voller Sehkraft.

Foto: RP/absv/Friese

Diabetes mellitus wirkt sich auf den ganzen Körper aus. Je länger eine Diabetes-Erkrankung vorliegt, umso höher ist das Risiko für Folgeerkrankungen. Oft denken Betroffene dabei in erster Linie beispielsweise an Herz-Kreislauferkrankungen oder an einen diabetischen Fuß, denn stark schwankender Blutzucker oder erhöhte Blutzuckerwerte führen zu Ablagerungen und Schädigungen an den Blutgefäßen. Was viele nicht wissen: Auch die Augen können davon betroffen sein. Durch die geschädigten Blutgefäße kann es zu einer Verschlechterung der Durchblutung kommen, die für den Augenarzt als kleine Blutungen oder Schwellung der Netzhaut sichtbar werden. Diese Veränderungen bleiben für Patienten oft unbemerkt, da sie schmerzfrei und anfangs ohne eine Verschlechterung des Sehens verbunden sind. Passiert all dies im Auge, spricht man von einer diabetischen Retinopathie. Daraus kann sich das sogenannte diabetische Makulaödem – kurz DMÖ – entwickeln. Durch die geschädigten Blutgefäße kann es im Auge nach einer Zeit zu einem Sauerstoffmangel kommen. Um diesem entgegenzuwirken, bildet der Körper neue Blutgefäße im Auge. Verantwortlich hierfür ist der Botenstoff VEGF (Vaskulärer Endothelialer Wachstumsfaktor). Diese neuen Blutgefäße sind jedoch undicht, Flüssigkeit kann austreten und in die Zellschichten und die Netzhaut laufen. Durch die Flüssigkeitsansammlungen wird vor allem in der Makula, der Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut, das Sehvermögen stark eingeschränkt. Betroffene können fleckig, verzerrt, verschwommen oder wellig sehen und das Bild erscheint unregelmäßig. Hedi E. ist heute sehr froh darüber, dass sie all die Jahre keine Kontrolluntersuchung ausgelassen hat. So konnte das DMÖ bei ihr frühzeitig erkannt werden. Außerdem ist sie dankbar für die schnelle Reaktion ihrer Ärztin. Sie verordnete Hedi E. eine Spritzentherapie. Dabei spritzt der Arzt mit einer feinen Nadel sogenannte VEGF-Hemmer in den Glaskörper des Auges, um das Gefäßwachstum zu stoppen – ein ambulanter Routineeingriff. „Meine Ärztin sagte mir, dass mein Augenlicht gerettet werden kann, wenn ich die Spritzen regelmäßig bekomme. Es versteht sich von selbst, dass ich keinen Termin verpasse“, sagt Hedi E. und fügt hinzu: „Ohne meine Malerei wäre ich nur ein halber Mensch. Allein deshalb wäre es eine Katastrophe, wenn ich erblinden würde. Die Spritzen bewahren mich davor.“

 Bei einer Makuladegeneration kommt es zu Unschärfen.

Bei einer Makuladegeneration kommt es zu Unschärfen.

Foto: RP/absv/Friese

Mit ihrer Geschichte möchte Hedi E. anderen Menschen mit Diabetes Mut machen. Sie zeigt aber vor allem, wie wichtig die Kontrolluntersuchungen sind. Menschen mit Diabetes sollten einmal im Jahr zum Augenarzt gehen, um den Augenhintergrund untersuchen zu lassen. Auch der bekannte Moderator und Entertainer Harry Wijnvoord hält sich akribisch an seine Untersuchungstermine. Der 72-Jährige lebt seit Jahren mit Diabetes und sagt: „Jeder Mensch mit Diabetes sollte sich seines Risikos bewusst sein, dass die Krankheit das Sehvermögen beeinträchtigen kann. Das Leben mit allen Sinnen zu genießen ist doch das, was wir alle wollen! Deshalb kann ich jedem nur raten, einmal im Jahr zum Augenarzt zu gehen. Das sollte einem die Augengesundheit doch wert sein.“

 Blinde Flecken bei einer Diabetischen Retinopathie.

Blinde Flecken bei einer Diabetischen Retinopathie.

Foto: RP/absv/Friese

Das diabetische Makulaödem ist eine chronische Erkrankung und kann den Alltag je nach Stadium stark beeinträchtigen. Betroffene und ihren Angehörigen kann es helfen, wenn sie gut informiert sind und sich mit anderen Menschen austauschen können. Eine Informationsquelle ist das Magazin VisusVital, das kostenfrei unter www.visusvital.de/magazin bestellt oder abonniert werden kann. Eine weitere Möglichkeit sich zu informieren, ist die Internetseite der Initiative „Das Diabetische Auge“, die gemeinsam vom Zentrum für berufliche Bildung blinder und sehbehinderter Menschen (BFW Düren), der Initiativgruppe „Früherkennung diabetischer Augenerkrankungen“ (IFDA), der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Auge (AGDA) und der Bayer AG ins Leben gerufen wurde.

Seit 2017 informiert sie unter www.das-diabetische-auge.de und mit dem gleichnamigen YouTube-Kanal umfassend zu den Themen Vorbeugung, Früherkennung, Diagnose und Behandlung des DMÖ. Hier finden alle Interessierten Hilfestellungen zum besseren Umgang mit möglichen Sehbeeinträchtigungen im Alltag und Beruf. Eine Anlaufstelle ist auch die Facebook-Seite der Initiative www.facebook.com/dasdiabetischeauge, die schon 21.000 Follower hat und Betroffenen und Angehörigen die Möglichkeit zum Austausch bietet. Ziel der Initiative „Das Diabetische Auge“ ist es, diabetische Augenerkrankungen in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen und verständlich zu erklären.

(gut)
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