Leverkusen Der letzte Chauffeur

Leverkusen · Manfred Artz fährt seit Jahren die Oberbürgermeister. Jetzt geht der letzte von einst sieben städtischen Fahrern in Rente.

Leverkusen: Der letzte Chauffeur
Foto: Uwe Miserius

Als er im Rückspiegel sah, wie der rote Fiat immer näher ans Heck heranrutschte, sagte Manfred Artz nur eines: "Herr Buchhorn, festhalten!" Das sei in einem Winter gewesen, der Fiat nicht mehr fahrtüchtig und sein Dienstwagen mit einer dicken Beule im Kofferraum davongekommen, erzählt der Cheffahrer von Leverkusen, der Mann, der schon Paul Hebbel und Ernst Küchler zu ihren Oberbürgermeisterzeiten fuhr. Manfred "Atze" Artz ist der letzte Chauffeur. Denn "Atze" geht Ende August in Ruhestand. "Nur ich bin aus dem Rennstall noch übrig", sagt der 65-Jährige schmunzelnd. Als er anfing, habe es noch sieben städtische Fahrer gegeben beim Amt 70. Die waren nötig: In den 70er Jahren seien zum Beispiel Mitarbeiter vom Ordnungsamt zu Jugendschutzkontrollen gefahren worden. Auch bei Schul- und Heimzuführungen seien die Fahrer involviert gewesen.

Ob einer oder mehr als ein halbes Dutzend: Jeder, der die Chefetage chauffiert, muss sich an das oberste Gebot halten: Verschwiegenheit ("Meine Ohren gehen im Dienstwagen automatisch zu"). Dazu kommen laut "Atze" Pünktlichkeit und Sauberkeit. Zwei-, dreimal die Woche wird der Dienstwagen geputzt. "Bei meinem Privatwagen, einem Ford Mondeo, mache ich das genauso. Das habe ich in der Lehre gelernt: Den Arbeitsplatz muss man sauberhalten. Und der Dienstwagen ist mein Arbeitsplatz."

Das war nicht immer so. Gelernt hat Manfred Artz bei Wuppermann den Beruf des Betriebsschlossers. Als dort die Lichter auszugehen drohten, schaffte er - auch dank familiärer Beziehungen - den Absprung zur Stadt. Zunächst arbeitete er in er Schlosserei, reparierte in der Werkstatt zum Beispiel Pumpen von Kehrmaschinen, wechselte Reifen, saß auch mal auf dem Kopflader. Dann wurde er Pkw-Fahrer. Später Cheffahrer für Paul Hebbel.

Wer netter, gesprächiger, launischer von den drei Oberbürgermeistern war? Sagt "Atze" nicht. Verschwiegenheit eben. Dafür lobt er gerne die Dienstlimousine, einen Audi. "Der ist super, liegt wie ein Brett auf der Straße. Mercedes hüpft immer so", urteilt der Fachmann, der an der Krawatte zum Dienstanzug eine Nadel mit Handschellen trägt. "Habe ich vom Polizeipräsidenten bekommen, dem Leverkusener, als es noch das Präsidium gab."

In den vergangenen 15 Jahren war Manfred Artz einmal zwei Wochen lang krank. Zweimal hat er ein Training für Cheffahrer absolviert. Zur Untersuchung inklusive Sehtest geht er jedes Jahr. "Man muss ja die Augen auch rechts und links haben", betont Artz.

Manchmal, wenn er lange bei einem Termin warten muss und kein anderer Fahrer für einen Schwatz zur Verfügung steht, guckt "Atze" auf einen kleinen Fernseher, meistens sehe er Nachrichten, sagt der Großvater von zwei Enkeln.

In 40 Jahren, die "Atze" als Fahrer tätig ist, hat er rund eine Million Kilometer gefahren, schätzt er. Bis zum Rentenstart am 1. September, kommen wohl noch einige hinzu.

(RP)
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