Leverkusen Der kleine Pharma-Alleskönner

Leverkusen · Biofrontera fing 1997 am Hemmelrather Weg als Biotech-Firma an, lieferte Pharmafirmen Technologien für die Arzneimittelentwicklung zu. Mit Ameluz hat die Firma nun das erste eigene Medikament auf den Markt gebracht.

Ameluz (sprich: Amelus, mit Betonung auf dem U) klingt wie der Name eines feurigen Hengstes, einer spanischen Sonnenoase oder eines leckeren Sahnelikörs. Der Name steht aber für etwas ganz anderes: ein verschreibungspflichtiges Medikament gegen die Hautkrankheit aktinische Keratose. Marktzulassung Europa: Ende 2011, Markteinführung: seit Februar.

Entwickelt hat es Biofrontera, ein kleines, börsennotiertes Leverkusener Unternehmen, das ursprünglich nicht in die Medikamenten-Entwicklung einsteigen wollte. Als Prof. Hermann Lübbert 1997 die Biofrontera ins Leben rief, gründete er sie als Biotech-Unternehmen, eine Firma, die Technologien zur Arzneimittelentwicklung an große Konzerne verkauft. "In den USA schlossen Biotech-Firmen in den 90er Jahren Verträge mit großen Pharmafirmen, in denen es um sehr große Summen ging", erzählt Lübbert. "Deutschland wollte aufholen, gab Geld dafür aus, dass auch hierzulande solche Technologien entwickelt werden. Biofrontera hat zum Beispiel für Schwarz Pharma, auch für Bayer und Schering entwickelt." Irgendwann sei der Markt übersättigt gewesen, Patente liefen aus, Pharmafirmen brauchten kurzfristig Produkte und keine Technologien mehr, und für die Biotech-Firmen wurde es auf dem Markt eng. Etliche der damaligen Firmen existieren deshalb heute gar nicht mehr, sagt Lübbert. Biofrontera schon. "Wir haben uns sehr früh entschieden, eigene Produkte zu entwickeln – bis zum Ende, nicht nur bis kurz vor die Phase III, um sie dann an große Pharmaunternehmen abzugeben", sagt Lübbert.

Maschmeyer investierte

Er stammt aus Burscheid, war vor der Firmengründung zehn Jahre für den Schweizer Pharmakonzern Novartis in verantwortungsvoller Position tätig, arbeitete in der Schweiz und in den USA. "Damals habe ich viele Biotech-Firmen gesehen, habe mich für diesen Bereich sehr interessiert."

Hermann Lübbert kündigte, gründete Biofrontera, suchte in Köln nach passenden Räumen. Für Leverkusen zum Glück ließen sich die in der Domstadt nicht finden. Lübbert stieß auf das alte Wuppermann-Gelände am Hemmelrather Weg.

Dort sitzt die Firma, die aktuell 30 Mitarbeiter beschäftigt, bis heute. Von hier aus koordinieren Lübbert und Co. derzeit den Vertrieb ihres ersten zugelassenen verschreibungspflichtigen Medikaments. Lübbert ist anzumerken, dass er darauf besonders stolz ist. Und glücklich. Darüber, dass sich die Geduld (Lübbert: "Die braucht man in der Wissenschaft immer. Die Entwicklung eines Medikaments dauert lange.") bei Ameluz nun auszahlt.

Auch im Bekanntheitsgrad der Firma. Deutschlandweit war Biofrontera jüngst in den Schlagzeilen – weil Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer auf die Firma aufmerksam wurde, in Manfort vorbeischaute, sich entschied, einen großen Batzen Aktien zu kaufen. Er hält derzeit 12,5 Prozent. Und wird dies auch in den kommenden zwei Jahren tun. "Herr Maschmeyer hat sich verpflichtet, die Aktien in dieser Zeit nicht zu veräußern", berichtet Lübbert. Das Firmen-Papier erlebt seitdem einen kleinen Höhenflug. 2006 ging Biofrontera an die Börse, bekam so die Finanzkrise stärker zu spüren, "obwohl wir keine Griechenlandanleihen haben", sagt Lübbert lachend. Biofrontera gab mehr Aktien aus, um neues Geld für die Entwicklung in die Firma zu bekommen. "Jetzt ist unser Risikoprofil geringer, weil Ameluz auf den Markt ist." Nun können Aktionäre Biofrontera auch mal 20 000 Aktien verkaufen, ohne dass der Kurs enorm schwanke, sagt Lübbert.

Dass Biofrontera nun auch in einigen Ländern den Vertrieb von Ameluz (übersetzt: das Licht lieben) selbst in die Hand nimmt, dafür unter anderem bei Dermatologen Hausbesuche macht, sei wieder von einigen belächelt worden – wie damals, als Lübbert von Biotech auf die eigene Entwicklung einer Arznei umschwenkte. Damals wie heute bauen Hermann Lübbert und seine Mitarbeiter auf eine Eigenschaft von Wissenschaftlern, die sich seit Entwicklungsstart für Ameluz bezahlt gemacht hat: Geduld.

(RP)
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